Neue Ausstellung in Berlin

Juergen Teller: Der Wald, Mama und Kim Kardashian

 Kim Kardashian und Kanye West küssen sich und Fotograf Juergen Teller hält es fest, in der 2015 entstandenen Serie: Kanye, Juergen & Kim.
 Kim Kardashian und Kanye West küssen sich und Fotograf Juergen Teller hält es fest, in der 2015 entstandenen Serie: Kanye, Juergen & Kim. Zur Foto-Galerie
Kanye West, Kim Kardashian, Vivian Westwood und Kurt Cobain: Die Liste von Leuten, die schon vor Juergen Tellers Linse standen, ist lang. Dabei spielt in seiner neuen Ausstellung im Martin-Gropius-Bau vor allem eine Frau die Hauptrolle: Mama.

Ganz nah, oftmals jeder Pickel, jede Falte, jeder kleine Bierbauch: Der Fotograf Juergen Teller sieht genau hin und lässt idealisierte Bilder links liegen. Es geht ihm in seiner Arbeit nicht darum Menschen als perfekt gestylte Fabelwesen, die Photoshop in den Genen tragen, darzustellen. Das wird schon im ersten Raum seiner Ausstellung mit Namen Enjoy your Life! in Berlin klar. Vielmehr sucht der bekannte Fotograf gerade den Widerspruch. Er zeigt nackte, tätowierte Models im Wald, die währenddessen in der neuen Ausgabe des Modemagazins Harpers Bazar blättern.

Dazu hebt er gerade das Imperfekte hervor. So scheint Starlet und Instagram-Queen Kim Kardashian wenig grazil, als sie einen Sand-Hügel in hochhackigen Schuhen besteigen will. Gleich daneben ist er selbst zu sehen, wie er durch einen Fluss watet. Dieses Nebeneinander lässt den Starruhm um „Kimye“ noch weiter weg wirken.

Juergen Teller hat mal ein paar Anmerkungen zur Retusche von sich selbst. ©Yuki Schubert

Es gibt etliche Selbstporträts des Mannes, der 1991 bekannt wurde, als er die Band Nirvana auf Tour begleitete. Ob nun Juergen Teller als Baby oder als Erwachsener nackt auf einem Esel: „Alles ist im weitesten Sinne eine Art Selbstporträt. Es ist einfach die Art, wie du die Dinge siehst, und wie gewisse Dinge dich neugierig machen und dich einfach mitreißen“, so wird Teller zitiert.

Es wird aber noch viel persönlicher als sein eigenes Abbild, denn der wohl gefragteste Fotograf der Gegenwart beginnt seine neue Schau mit seiner Mama. Irene Teller begrüßt förmlich in ihrer coolen Adidas-Vollmontur die Besucher. Dazu gibt es Einblicke in seine fränkische Heimat Bubenreuth, ob nun eine ausladende Wurstplatte zu Feierlichkeiten oder ausgiebige Spaziergänge mit Mama Irene. Der bereits private Moment wird noch intimer. Dafür nutzt Teller die Bildunterschrift oder selbst geschriebene Notizen.

Der Wald: Ort der Schönheit und Friedlichkeit

So erfährt man, warum Teller gerade den Wald so liebt, der im letzten Raum der Ausstellung sehr präsent ist. Filme wie Es geschah am hellichten Tag mit Heinz Rührmann sowie die Gebrüder Grimm zeigten ihm als Kind den Wald als gruseligen Ort. Trotzdem überwiegte schon damals für ihn die Schönheit und Friedlichkeit. „Ich habe mich dort sicher gefühlt, weg von der Dunkelheit und Betrunkenheit meines Vaters“, hält der in London lebende Künstler fest.

Wie auch im Wald jeder Baum anders ist, reihen sich bei Tellers Bildern auch Promis neben Tiere und Normalos. Nackte mit gespreizten Beinen treffen auf Angezogene oder Coole mit provozierenden Posen sowie Gegenstände, die wie Models inszeniert werden. Dabei erwartet den Besucher ein besonderer Mix aus Bildern auf Tellern also Tellern aus Porzellan , einer sehr sehenswerten Diashow mit der Schauspielerin Charlotte Rampling, die darin Freundschaft mit einem Fuchs schließt und am Schluss eben der Wald auf riesigen Flächen. Über Lautsprecher sind Frösche und Vogelgezwitscher zu hören.

Wir finden uns in Juergen Tellers besonders grünen Wald wieder. ©Almendra Almanza

Ein neuerer Gast in Tellers Wald-Reich ist Dieter, Tellers alter Ego mit Bart, Hut und deutlich fränkischen Dialekt. Auf einem Video kannst du beobachten, wie Dieter durch Ausstellungsräume läuft und sich fragt: „Ist das Kunst?“ Damit gibt sich der Künstler Teller selbst etwas Entspanntheit zurück, denn vorher beschreibt er, wie er sich vor einer Ausstellung völlig verrückt macht.

Damit schafft Juergen Teller in Enjoy your Life! eine Offenlegung nicht nur seiner innersten Gedanken als Mensch, sondern im Speziellen als Künstler und er spricht uns alle an: Modebegeisterte, Fans von Nirvana oder Kim Kardashian, Naturfreunde und vor allem uns, die wir unsere Familie lieben so, wie sie ist.

Du willst den Tausendsassa mit dem besonderen Blick für das Schöne selbst einen Besuch abstatten? Dann kannst du das noch bis zum 3. Juli 2017 im Martin-Gropius-Bau tun. Tickets kosten regulär 10 Euro und ermäßigt 6,50 Euro.

Foto Galerie

Martin-Gropius-Bau Berlin, Niederkirchnerstraße 7, 10963 Berlin

Telefon 030 254860
Fax 030 25486107

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Der Martin-Gropius-Bau in Berlin-Kreuzberg: Ab Juni 2012 werdne iher die Werke der Fotografin Diane Arbus gezeigt.

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