Berlin ist eindeutig nicht auf dem Weg zu einer Metropole der Jugendgewalt: Die Gewalt geht zurück. Allerdings gibt es eine Besorgnis erregende Tendenz zu einer Gewaltverschiebung in die Vorstädte. Dies sind die beiden zentralen Befunde des zweiten großen Monitoringberichts, der polizeiliche und schulische Daten zur Jugendgewaltdelinquenz zusammengeführt hat. Am Montag wurde er durch die Senatsverwaltung für Inneres vorgestellt.
Demnach kann „insbesondere der Bezirk Marzahn-Hellersdorf stellvertretend für eine besondere Verdichtung neuer Exklusions- und Gewaltrisiken stehen“, heißt es in dem Bericht. Die Berliner Gewaltprävention sei aufgefordert, dem Abdriften solcher Regionen aus einer prekären Randlage in das „Aus der Vorstädte“ vorzubeugen, das „im deutlich anders gelagerten französischen Fall“ bereits seit längerer Zeit diagnostiziert werden müsse.
Kaum Jugendliche mit Migrationshintergrund
Angesichts des geringen Anteils von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Marzahn-Hellersdorf trifft hier nicht mehr der sonst übliche Befund zu, dass Gewalt vor allem dort herrscht, wo ein schwieriger Sozialstatus mit einem hohen Anteil an Migration zusammenfällt. Charakteristisch für diese Brennpunkte von Jugendgewalt sei vielmehr „die Überlagerung eines schwierigen Sozialstatus mit einer von Großsiedlungen und Hochhausquartieren geprägten städtebaulichen Struktur“.
Im Bezirksvergleich rangiert Marzahn-Hellersdorf an zweiter Stelle nach Mitte, wobei Mitte durch die Rolle als Ausgeh- und Touristenmagnet auch ganz besonders vielen Risiken ausgesetzt ist. In Mitte wie im Ausgeh-Hotspot Friedrichshain-Kreuzberg sind es daher vor allem die Heranwachsenden über 18 Jahre, die bei den Gewaltdelikten eine Rolle spielen.
Trend seit 2007 rückläufig
Marzahn-Hellersdorf führt aber den Bezirksvergleich an, wenn man die Gruppe der Acht- bis 14-Jährigen und die Gruppe der 14- bis 18-Jährigen betrachtet. Dies entspricht auch dem schulischen Bild: Die dort gemeldeten Vorfälle übertreffen „die der geringst belasteten Bezirke um das Sechsfache und selbst die der höchst belasteten innerstädtischen Regionen – Neukölln und Mitte – um mehr als das Doppelte“, heißt es in dem Bericht.
Abgesehen von diesen Tendenzen, die an die französischen Banlieus erinnern, sind die Jugendlichen „weitaus friedlicher, als gelegentlich unterstellt werden mag“, heißt es in dem Bericht. Seit 2007 zeichnet sich ein weiterhin andauernder rückläufiger Trend ab. Dies betrifft auch schwere und gefährliche Körperverletzungen. Auch Bedrohungen gingen im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurück. Betrachtet man die Verteilung der Gewaltvorkommnisse nach Geschlechtern, liegen die Jungen und Männer bei Raubtaten und „Straftaten gegen das Leben“ bei über 90 Prozent, bei Körperverletzungen und Bedrohungen bei knapp unter 80 Prozent.
Zu den weiteren Befunden gehört, dass die erhöhte Arbeitslosigkeit und der Bezugs von Transfereinkommen „weiterhin auch mit einer oftmals um ein Vielfaches erhöhten Belastung mit Jugendgewalt einhergeht“.
Den ganzen Bericht gibt es hier.