Widerstand gegen die geordnete, einengende, spießig wirkende Welt der Erwachsenen war beileibe nicht auf die DDR begrenzt. Das Ausmaß der Verdächtigungen und kulturellen Einschränkungen, denen ‚andersartige‘ Jugendliche und junge Erwachsene vor der Wende in Ost-Deutschland ausgesetzt waren, übertraf jedoch vielfach die Gängelung im Westen. Nirgendwo war das wohl offensichtlicher als beim Vergleich innerhalb der geteilten Stadt Berlin. Jugendliche Subkulturen entwickelten sich im Osten häufig im Anschluss an westliche Vorbilder oder parallel zu ihnen. Gerade deswegen vermuteten die politisch Verantwortlichen hinter ihnen einen Widerspruch zur Politik und den Vorstellungen der sozialistischen Erziehung.
Die Ausstellung „Widerspenstig und widerständig – Jugendkultur in Lichtenberg 1960 – 1990“ konzentriert sich auf Personen, Orte und Ereignisse in dem Ost-Berliner Stadtteil. Kuratiert wurde sie vom (Ost-)Berliner Historiker und Soziologen Dr. Dirk Moldt; die informativen Texte der Schautafeln stammen von den Autoren Anke Wagner, Steffen Strietzel und Detlef Krenz. Den Machern ist im 1. Stock des Museum Lichtenberg im Stadthaus eine Übersicht gelungen, die kompakt und anschaulich über eine Kultur informiert, die ihrem West-Pendant zwar ähnelt, sich aber doch unter anderen Voraussetzungen entwickeln musste.
Besetzte Drogerie und Durchgangsheim
Ebenfalls spannend und eindrücklich ist die Geschichte des „Durchgangsheims“ in Alt-Stralau, in das weggelaufene, „kriminell gefährdete“ oder „aufgegriffene“ Jugendliche temporär eingewiesen wurden. Das Heim wurde nicht nur von zweifelhaften Personen geleitet – seine minderjährigen Insassen mussten obendrein unter anderem in Fleisch- und Süßwarenfabriken arbeiten.
Aus dem prinzipiell positiv besetzten Bild von jugendlicher Subkultur, das im Museum Lichtenberg gezeichnet wird, fallen die in den 1980ern verstärkt auftretenden Neonazis, denen eine eigene Schautafel gewidmet ist, heraus.
Leere Bierflaschen und Zettelwirtschaft
Dennoch ist „Widerspenstig und widerständig“ eine gelungene Schau, die das umfangreiche Angebot an Ausstellungen und Gedenkveranstaltungen zum nahenden 25. Jahrestag des Mauerfalls um eine spezifische, auch für ein jüngeres Publikum interessante Facette mit Lokalkolorit ergänzt.
Die Ausstellung „Widerspenstig und widerständig – Jugendkultur in Lichtenberg 1960-1990“ ist noch bis zum 30. April 2015 kostenlos im Museum Lichtenberg zu sehen. Öffnungszeiten sind Dienstag bis Freitag sowie Sonntag von 11 bis 18 Uhr. Weitere Informationen findet ihr auf der Homepage des Museums.