Im Vorwort erklärt Kevin Junk selbst, was sein Buch eigentlich soll: er möchte ein Bild von Berlin zeichnen. Dafür schöpft er aus einer bunten Palette von Erlebnissen und lässt den Leser eintauchen in eine Welt, die zwar nicht ganz Berlin, aber einer der vielen Mikrokosmen dieser Stadt ist. Junk weiß, aus seinen Worten können wir nicht auf andere schließen. Aber er ist auch sicher, dass seine Erfahrungen von vielen jungen Menschen in Berlin gelebt werden. Der Autor lädt uns mit seinen „Berliner Befindlichkeiten“ dazu ein, in sein Leben zu spähen wie durch ein Schlüsselloch. Ob man das, was es dort zu sehen gibt, einordnen und nachempfinden kann, hängt davon ab, wie das eigene Leben in der Hauptstadt aussieht.
Blogger-Sprech und essentielle Fragen
Er tut das in kurzen Sätzen, im Blogger-Sprech. Er sagt „witty“ statt geistreich, „butch“ anstelle von maskulin, schreibt ironisch und ehrlich, mit Tiefgang und Witz. Es scheint ihm genauso leicht zu fallen, über Alltägliches zu schreiben wie über soziokulturelle Sachverhalte und hochphilosophische Fragen: Sind homosexuelle Männer in der Mitte der Gesellschaft angekommen? Was ist Liebe? Junk schreibt seiner Generation einen pathologischen Individulismus und Hang zur Selbstverwirklichung zu, kritisiert das Verhalten der Hipster-Mode-Blogger und das Abgrenzungsgehabe in der kreativen, feierwütigen und bärtigen Szene. Und blickt dabei immer wieder auf Berlin.
Das macht das Lesen auch angenehm. Niemand wird sich fühlen wie ein Voyeur, eher wie jemand, der mit der Hand in der Chipstüte eine unterhaltsame Doku verfolgt. Denen, die Teil derselben Szene sind, hält Junk den Spiegel vor. Authentisch und ehrlich, teils ungeschönt, teils übertrieben. Wann welcher dieser Pole zutrifft, spielt für dieses schöne Abbild Berliner Gegenwart kaum eine Rolle.
„Berliner Befindlichkeiten“ von Kevin Junk ist erschienen im Verlag CulturBooks und für 4,99 Euro (nur in digitaler Form) zu haben.