Exklusiv-Interview

Kida Khodr Ramadan: "Sehnsucht ist etwas Schönes"

zwei Männer nebeneinander auf einer Bank
Frederick Lau als Mike und Kida Ramadan als Nabil in "In Berlin wächst kein Orangenbaum".
Nächste Woche startet der neue Film "In Berlin wächst kein Orangenbaum" von und mit Kida Khodr Ramadan. Im Interview spricht er mit uns über sein Regiedebüt, Familie und Sehnsucht...

Es sind knapp 27 Grad, als wir an diesem Nachmittag den Holzmarkt betreten, der heute trotz traumhaftem Wetter wie leergefegt ist. Wir gehen die Treppen hinauf in den dritten Stock eines der bunt bemalten Gebäude. Kida Khodr Ramadan begrüßt uns mit Fist Bump und führt uns direkt raus auf die Terrasse, von der man einen malerischen Ausblick auf das Gelände und die Spree genießt. Im Schatten eines Sonnensegels nehmen wir Platz, während Kida sich eine Zigarette anzündet. In der Ecke steht ein kleines Orangenbäumchen, daneben das Filmplakat von In Berlin wächst kein Orangenbaum. Heute sprechen wir mit dem 4 Blocks-Star über seinen neuen Film, der im September in den Kinos anläuft. Neben einer hochkarätigen Besetzung wie Frederick Lau, Tom Schilling, Anna Schudt und Emma Drogunova kannst du dich auf das Regiedebüt von Kida freuen.

QIEZ: In deinem neuen Film bist du nicht nur vor der Kamera zu sehen, du hast auch die Regie übernommen. Was war die größte Herausforderung an dieser Doppelbelastung?

Kida Khodr Ramadan: „Als Schauspieler konnte ich ja bereits genug Erfahrungen sammeln und was die Regie betrifft: Ich habe keine Angst davor, ins kalte Wasser zu springen. Mir war es wichtig, einen schönen Film zu machen, auf den ich später stolz sein kann und ich hoffe, dass ich genau das umgesetzt habe. Wenn ich nochmal einen Film drehe, werde ich diese Doppelbelastung nicht mehr durchziehen, sondern nur Regie machen. Ein kleiner Gastauftritt, mal kurz vor die Kamera treten, das ist auf jeden Fall drin. Mehr aber nicht. Die Arbeit als Regisseur ist eine Leidenschaft von mir geworden. Deshalb wird es das in Zukunft mehr von mir zu sehen geben. Ich will gute Filme machen, am liebsten jedes Jahr einen.“

Im Film spielt der Libanon eine große Rolle. Wie waren die letzten Wochen für dich nach den Ereignissen in Beirut?

„Klar, das hat mich sehr getroffen. Ich wurde in Beirut geboren und meine Familie ist 1976 nach Deutschland geflüchtet. Da war ich gerade mal drei Monate alt. Nach der Explosion habe ich natürlich sofort die Verwandtschaft angerufen, da war zum Glück alles in Ordnung. Nichtsdestotrotz sind 400.000 Menschen obdachlos geworden und viele haben jemanden verloren. An diesem Tag konnte auch ich meine Tränen nicht zurückhalten. Deshalb habe ich mit der Kindernothilfe eine Spendenaktion gestartet, mit der wir auch schon ordentlich Geld zusammenbekommen haben. Das soll demnächst sinnvoll eingesetzt werden. Ich will dabei vor Ort sein und sichergehen, dass die Spenden die richtigen Leute erreicht.“

Familie ist das zentrale Thema des Films und du hast sogar deine eigene Familie mit einbezogen. Dein Sohn Momo spielt den Charakter Nabil als Kind. Wie kam es dazu?

„Ich bin jemand, der während eines Prozesses immer neue Ideen hat. Und es ging mir einfach nicht mehr aus dem Kopf, dass irgendetwas im Film noch fehlt. Ein verbindendes Element zwischen Ivo und Nabil. Mein Assistent kam dann auf die Idee, den Flashback einzubauen. Darüber habe ich mit meiner Frau gesprochen, meiner besten Kritikerin. Sie fand die Idee gut, also brauchten wir einen Jungen, der mir ähnlich sieht. Aus dem Grund habe ich Momo genommen. Der sieht so aus wie ich. Glaube ich (lacht). Für ihn ist die Schauspielerei kein Neuland, er stand schon häufiger vor der Kamera.“

Möchte er in die Fußstapfen von Papa treten?

„Also er sagt immer, dass er Rapper werden möchte, was auf gar keinen Fall passieren wird. Das lasse ich nicht zu. Wir passen schon auf, welche Bücher er liest und welche Medien er konsumiert. Das ist uns sehr wichtig. Wenn ihm die Schauspielerei Freude bereitet, unterstütze ich das. Natürlich will ich, dass er glücklich ist mit dem, was er macht.“

Im Fokus der Handlung steht die besondere Vater-Tochter-Beziehung zwischen Nabil und Juju. Du selbst hast auch Töchter. Inwieweit hast du private Erfahrungen in die Story mit eingebracht?

„Ich war 2014 mit Ummah für die Lola nominiert. Meine Tochter hat mich an dem Abend begleitet und bitterlich geweint, weil der Papa nicht gewonnen hat. Daraufhin habe ich zu ihr gesagt: ‚Pass auf, ich probiere es weiter und drehe jetzt jedes Jahr einen Film für dich.‘ Ich kann natürlich nicht wissen, ob Orangenbaum einen Preis gewinnt oder nicht. Aber das war auf jeden Fall der entscheidende Anstoß, den eigenen Film zu machen.“

Kida und QIEZ-Redakteurin Franziska im Gespräch.

Ich wohne selbst an der Kantstraße und fand es natürlich super witzig, als auf einmal Duc Ngo, der Restaurantmogul Charlottenburgs, im Film auftaucht. Wer hatte die Idee dazu?

„Was keiner weiß, ist, dass Ducs Bruder Chao einer der größten Kameramänner in diesem Land ist. Bad Banks hat er zum Beispiel verdammt gut umgesetzt. Aus dem Grund wollte ich ihn auch für meinen Film. Als es zu der Szene mit dem Imbisswagen kam, habe ich zu Chao gesagt, ob Duc das nicht machen würde. Chao hat sich erst schlapp gelacht, aber dann habe ich bei Duc angerufen und ihn gefragt: Drehst du mit uns? Seine Antwort: Klar, wann und wo?! An dem Drehtag hat er auch für uns gekocht, weshalb das Catering links liegen blieb (lacht).“

Am Drehbuch warst du ebenfalls maßgeblich beteiligt. Was hat dich zur Story inspiriert?

„Man verspürt immer Sehnsucht nach dem Ort, von dem man kommt oder zu dem man möchte. Diese Sehnsucht ist etwas Schönes und sollte man nie verlieren. In einer idealen Welt hätte jeder die Freiheit, dorthin zu gehen, wohin er möchte. In der Realität ist das leider nicht der Fall. Ich fahre in den Libanon, wenn es gerade möglich ist und dafür bin ich sehr dankbar. Das werde ich nie als selbstverständlich ansehen.“

„In Berlin wächst kein Orangenbaum“ startet am 24. September exklusiv in Berlin, ab Oktober bundesweit.

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