Kiezportrait

Der Landschaftspark Johannisthal

Eine breite, flache Steinmauer signalisiert die Barriere zwischen Naturschutzgebiet und Spazierweg. Immer wieder laden Sitzbänke und Informationstafeln zum Verweilen ein.
Eine breite, flache Steinmauer signalisiert die Barriere zwischen Naturschutzgebiet und Spazierweg. Immer wieder laden Sitzbänke und Informationstafeln zum Verweilen ein. Zur Foto-Galerie
Johannisthal - Mit der Umgestaltung des ehemaligen DDR-Flugübungsplatzes zum Landschaftspark wird in Johannisthal die Vision einer nachhaltigen Nutzung brachliegender Flächen Realität. Über Vergangenheit und Gegenwart am Flugfeld, festgehalten in Text und Bild ...

Im Osten des Ortsteils reihen sich kurze Straßen wie Zacken eines Kamms aneinander. Es sind Straßen mit Namen wie „Melli Beese“ und „Wrightallee“, die an die erste deutsche Frau mit einem Privatpilotenschein bzw. an die US-amerikanischen Motorflugpioniere erinnern. Schon merkwüdig, von den Gebrüdern Wright zu lesen, in einer Parallelstraße zum ehemaligen Flugübungsplatz von Sowjet- und Volksarmee. Jedenfalls sind es Straßen, die aussehen, als seien sie mit dem Sandstrahler geleckt. Die nigelnagelneuen Eigenheime lassen dem Blick auf einen weiten Himmel Platz. Einem Himmel, den bis 1990 startende und landende Flugzeuge durchpflügt haben.

An die bemerkenswerte Geschichte des ehemaligen Bad Johannisthal erinnert kaum noch etwas. Der Absturz des Marinezeppelins LZ 18 vor ziemlich genau einhundert Jahren, am 17. Oktober 1913, ist so ziemlich vergessen. Dass von hieraus die erste zivile Luftpost startete, merkt man dem Ort auch nicht an. Auch dass Fritz Lang seinen „Doktor Marbuse“ und „Nosferatu“ mithilfe der Johannisthaler Filmanstalt abdrehte, hätte man nicht gedacht – bekannter sind die Studios weiter im Osten, in Adlershof. Die Friedrich-Wolf-Bibliothek ist eine der wenigen Gebäude, die von Seiten der Stadt mit Wandbildern aufgehübscht wurden – den Rest der freien Fassaden im Ort verzierten die Spraydosen der Jugendlichen. Im Zuge der dichter werdenen Bebauung ist die Adelung zum Kurort verloren gegangen, geblieben ist das Johannisthal, dessen Name wahrscheinlich auf einen ehemaligen Grund-Besitzer Johann Wilhelm Werner zurückgeht, der 1754 gestorben ist.

Auf dem ehemaligen Flugfeld grasen Schafe

Das alte Fluggelände ist an solches kaum mehr zu erkennen. Ein weitflächiges Gräsermeer lässt bis zu den Baukränen am fernen Horizont blicken. Vereinzelt stehen Bäume auf weiter Flur, daneben grasen Schafe. Hinter dem Ring aus Steinmauern kein Mensch weit und breit. Eine zwei Kilometer lange Begrenzungsmauer, die gleichzeitig erhöhter Rundweg ist, führt Besucher um den Landschaftspark herum – für den Erhalt der wind- und temperaturbelasteten Freifläche ist es wichtig, dass die Vegetation nicht betreten wird. Das an die 70 Hektar große Areal, dessen Fläche zu einem Drittel unter Naturschutz steht, bietet Spaziergängern einen idyllischen Ausblick, einen Wanderweg und viele kleinen Spielplätze und Informationstafeln für ein verständiges Nebeneinander von Familie und Natur.

Abseits der noch steril wirkenden Neubausiedlung entlang der Westseite des Flugfeldes hat die brachliegende Fläche für Berlin vielleicht Vorbildcharakter: Was hier im Kleinen seit 1992 vom Übungsplatz zum Landschaftspark wurde, kann Inspiration werden für die Freifläche Tempelhofer Feld, an der Stadt, Bürger und Immobilieninvestoren von allen Seiten ziehen.

Übrigens, durch das restliche Johannisthal sind wir hier spaziert.

Foto Galerie

Der Landschaftspark Johannisthal, Segelfliegerdamm 68, 12487 Berlin

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