Unterwegs im Kiez

Baumschulenweg: grüne Lunge und alte Schule

Direkt hinter Treptows Ortsteil Plänterwald geht es los mit Baumschulenweg. Der hat einiges zu bieten - und zwar in alle Richtungen.
Direkt hinter Treptows Ortsteil Plänterwald geht es los mit Baumschulenweg. Der hat einiges zu bieten - und zwar in alle Richtungen. Zur Foto-Galerie
Baumschulenweg - Der liebevoll "Baume" genannte Ortsteil von Treptow grenzt an gleich drei verschiedene Gewässer, verfügt über ein Jim-Morrison-Denkmal, viele denkmalgeschützte Bauten, unzählige Kleingartenanlagen und Kneipen. Wer das erwartet hat, bekommt ein Bienchen ins Muttiheft. Für alle anderen haben wir uns den besonderen Kiez mal angesehen.

Baumschulenweg im Südosten Berlins erreicht man mit der S-Bahn oder mit einer der vielen Buslinien, die durch diesen Ortsteil rauschen. Die findet man auf der Sonnenallee, Kiefholzstraße oder der Bundesstraße 96a auf der Durchreise nach Neukölln, Johannisthal, Mitte oder Köpenick. Wer nicht nur durch die breiten und betriebsamen Straßen tuckert, sondern durch die vielen Neben- und Seitenstraßen spaziert, bekommt eine Menge Grün, viel Wasser und wahres Kiezleben zu sehen. Viele leben schon ewig in „Baume“ und selbst Jugendliche zieht es nach dem Schulabschluss nicht unbedingt weiter in die Stadt. Warum auch? Mit Bus und Bahn ist man schnell im Zentrum und der Ortsteil bietet neben halbwegs bezahlbaren Mieten alles, was man braucht.

Die ganze Geschichte in grün

Rundbogentür der Kirche
Bei unserem Frühlingsspaziergang durch Baumschulenweg liegt Flieder in der Luft, wir sehen Kinder auf breit angelegten Wegen inlineskaten und ältere Herrschaften im Schatten der Bäume auf ein Schwätzchen stehenbleiben. Gemütlich gehen kann man hier lange – der Ortsteil erstreckt sich von einem Grün am Wasser zum nächsten: von der Grenze des Plänterwaldes an der Spree entlang am Britzer Verbindungskanal und dem Teltowkanal, um die Ecke weiter an der Schöneweider Königsheide bis zum Naturschutzgebiet am Wasserwerk Johannisthal. Und immer wieder Bäume und Grün, in den Seitenstraßen, in den mehr als 30 Kleingartenanlagen und in den weitläufigen Hinterhöfen der Neu- und Altbauten.

Einer der Gründerzeitbauten
Apropos alt: Dass hier im 19. Jahrhundert die Gärtnerei L. Späth eine Baumschule gründete, war der symbolische Grundstein für den Ortsteil. Denn die Späth’sche Baumschule, die es in verkleinerter Form noch heute gibt, war weltweit bekannt, viele Menschen siedelten sich in der Umgebung an und konnten das Arboretum über den sogenannten „Baumschulenweg“ erreichen. Später wurde der vom Betreiber der Baumschule zur (Baumschulen-)Straße ausgebaut. Als Baumschulenweg bezeichnete man seither den umliegenden Ort. Man baute um die Jahrhundertwende auch eine Schule, einen Friedhof und das zweite Krematorium von Berlin, eine Kirche, den Bahnhof Baumschulenweg und viele Wohnhäuser. Das sieht man auch heute noch an einigen Ecken: Die vielen Altbauten und breit angelegte Plätze und Hinterhöfe sind ein schöner Gegenpol zu den oft gleich aussehenden Reihen- und Mehrfamilienhäusern, die eben auch zu Baume gehören.

Gastronomisch wertvoll

Isi's Bar ist nur eine der vielen Kneipen...
Außerdem ist da ja auch noch die Baumschulenstraße. Wenn man die entlangläuft, fühlt man nicht viel von Grün und Weite, wird der Fliederduft von Abgasen vertrieben und alles wirkt in erster Linie grau. Dabei haben sich hier viele Geschäfte angesiedelt – viele von ihnen schon seit Jahren! Pamukkale verkauft schon ewig seine türkischen Spezialitäten, der Schreibwarenladen Tintenfass hat schon mehr als eine Generation mit Schulmaterial ausgestattet und in einigen Kneipen, in denen sich heute Vati ein kühles Blondes genehmigt, hat auch schon Opa mit dem Nachbarn angestoßen. Und überhaupt: So viele Kneipen! Das Trauma, Isi’s Drei-Stufen-Bar oder Yuppis Kneipe bevölkern die Baumschulenstraße, nicht weit entfernt haben auch das Café Rose oder Zum Stübchen ihren Sitz.

Wer lieber Eis isst, hat die Auswahl zwischen dem Eiscafé Sambuca neben der Schwimmhalle und dem Alfina mit seinen italienischen Eisspezialitäten. Sein Besitzer hat übrigens früher den Italiener Aversa gegenüber betrieben, es gibt auch einen Griechen, den Chinesen Kaisergarten, das Cao mit vietnamesischer Küche oder das Café Behring mit seinem schmackhaften Lachsfrühstück. Ebenso im Überfluss hat dieser Ortsteil Ärzte und Kosmetiksalons zu bieten.

Und nicht, dass man es sich in Baumschulenweg nur gutgehen ließe. Die Bewegung kommt bei den vielen Möglichkeiten zu einem Spaziergang, aber auch bei einer Menge Sportvereinen nicht zu kurz. Vom Kegeln übers Schach- und Handballspielen bis hin zu Gymnastik, Volleyball, Radsport, Tennis und natürlich Fußball, hier ist für jeden was dabei.

Von diesem Angebot sind wir auf unserer Kieztour völlig begeistert. Was wir erwartet haben, waren ein bisschen dörfliche Atmosphäre und ein paar schöne Straßen. Was man in Baumschulenweg bekommt, ist gemütlicher Trubel, abwechslungsreiche Architektur und ein Haufen Grünanlagen, durch die man wirklich genussvoll schlendern kann. Immer im Kopf: die nächste Möglichkeit zur Stärkung ist garantiert nicht weit.

Foto Galerie

Baumschulenweg: grüne Lunge und alte Schule, Baumschulenstraße, 12437 Berlin

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