Berliner Persönlichkeiten zeigen ihren Kiez

Karla Kenya: Zwischen Radiostudio und Reuterkiez

Karla Kenya im Reuterkiez, den sie sehr schätzt.
Karla Kenya im Reuterkiez, den sie sehr schätzt. Zur Foto-Galerie
Die Musikjournalistin aus Graz wagt beim Radiosender Kiss FM ihren zweiten Anlauf in Berlin. Dort kann sie nach ihrer Zeit als Beauty-Redakteurin in Österreich, einem gewonnenen DJ-Wettbewerb und einer eigenen Platte endlich ihrem Wunschberuf nachgehen – und hat eine schöne Wohnung im Reuterkiez gefunden.

Als Karla Kenya aka Mel Dlamini sich das erste Mal in Berlin niederließ, war das ein gewagter Schritt. Zuvor hatte sie eine sichere Stelle bei Österreichs bekanntester Frauenzeitschrift „Woman“ in Wien aufgegeben, um sich neuen Dingen zu widmen: „Während ich über Make-up, Haare und Anti-Cellulite-Cremes geschrieben habe, hat sich meine Leidenschaft für Musik entwickelt“, erzählt Kenya bei einem entspannten Kaffeeplausch vor Bullysbakery in der Friedelstraße. Schon früh hörte sie die Funk- und Soul-Platten ihrer Mutter, die aus Swasiland stammt, und begann damit, selber Musik aufzulegen. Doch der Plan, das Ganze professionell anzugehen, reifte erst langsam in ihr.

Schließlich setzte Kenya alles auf eine Karte und zog in die Musikmetropole Berlin, ohne etwas Konkretes in Aussicht zu haben. „Ich habe ganz von vorne angefangen und gekellnert“, sagt sie. „Ich wusste, ich will Radio machen, moderieren, auflegen, aber alle Türen waren verschlossen.“ Der Anfang war schwer, doch schließlich bekam die Grazerin ein Jobangebot, nachdem ein Freund ihre Unterlagen bei Radio NRJ eingereicht hatte. Der Haken an der Sache: Es handelte sich um den sächsischen Ableger des Senders. Kenya musste nach Leipzig ziehen, gerade als sie eine schnuckelige Wohnung in der Kreuzberger Graefestraße gefunden hatte.

Sie kann DJen

Sie verabschiedete sich vorerst von Berlin, was ihrer Karriere nicht schadete. Während ihrer Zeit in Leipzig nahm sie am Wettbewerb „She Can DJ“ der Plattenfirma EMI (heute Universal) für weibliche Nachwuchs-DJs teil, der in Köln stattfand. Kenya war nach ihrem Auftritt bereits wieder abfahrbereit, als sie das für sie überraschende Jury-Urteil hörte: Sie hatte gewonnen. In der Folge veröffentlichte EMI eine Single von ihr, von der die Österreicherin heute sagt: „Ich war noch nicht bereit, eine Platte zu produzieren. Wenn ich selber produzieren würde, würde es anders klingen.“

Karla Kenyas eigener Sound als DJane ist ganz besonders eins: vielfältig. „Ich finde, es geht darum, einen guten Mix zusammenzubekommen“, sagt sie. Der fehlt ihr gelegentlich in der Berliner Clubszene – obwohl sie keinesfalls etwas gegen Electro und Techno hat, im Gegenteil. „Meine Leidenschaft für elektronische Musik hat sich erst recht spät, 2006/2007 entwickelt. DJ Hell war damals mein Hero. Als ich seinen Sound entdeckt habe, war ich wie ein Baby, das zum ersten Mal läuft“, erinnert sie sich. Und so spielt Kenya bei ihren DJ Gigs neben Soul, Funk und Afrobeat auch House, Techhouse oder UK Garage (wobei ihr diese Schubladen auch nicht komplett gerecht werden).

Die Rückkehr nach Berlin im Sommer 2013 wurde möglich, da der hiesige Radiosender Kiss FM ihr ein Angebot machte, das sie nicht ausschlagen konnte: die Moderation der Wochenend-Show „Big Weekend“, jeden Freitag- und Samstagabend, sechs Stunden lang. „Im Big Weekend geht es um Clubmusik, Clubkultur, DJs, neue Artists. Es war, als würde ich meine zweite Chance bekommen, das zu machen, was ich eigentlich wollte“, schwärmt Karla. Neben dem Job beim Radio legt sie auch in Clubs auf; ihre eigene Partyreihe „Spread Love“ in der Bar Tausend ist zurück aus der Sommerpause. Was macht sie lieber? „Eine Clubnacht ist ein High-Gefühl“, findet Karla. „Du bestimmst wie sich die Leute fühlen.“ Dennoch sieht sie sich mehr als Journalistin: „Ich fühle mich hinter dem Mikrofon mehr zu Hause als an den Decks.“

Berlin ist toll, aber …

Und wie ist es, wieder in Berlin zu sein? Karla Kenya drückt es so aus: „Ganz viele empfinden ja eine Hassliebe für Berlin, aber trotzdem wünscht man sich es nicht anders. Die Stadt ist unvollkommen vollkommen.“ Zwei Probleme hat sie dennoch mit Berlin und seinen Bewohnern: „Ich finde die Berliner Schnauze manchmal charmant, aber teilweise auch einfach nur rotzfrech. Als Österreicherin törnt mich diese schroffe, direkte Art manchmal ein bisschen ab.“ Und dann sind da die speziellen Persönlichkeiten der hiesigen Clubszene. „Alle sind so bemüht, cool zu sein. Die Hipster-Kids aus New York fahren nicht mehr in die Hamptons ins Haus ihrer Eltern, sondern feiern im Berghain„, so Karla.

Die Radiomoderatorin liebt jedoch ihren Reuterkiez und ist froh, in diesen Tagen dort in eine passendere Wohnung zu ziehen. „Am Richardplatz gibt es wirklich wunderschöne Orte“, sagt sie und erzählt gerne, wohin es sie sonst noch zieht. Zum Essen geht Karla besonders gerne ins Dr. To’s in der Weichselstraße, der für seine Dumplings und weitere japanische ‚Tapas‘ bekannt ist: „Das ist einer meiner Lieblingsläden. Das Essen ist superfrisch“, sagt sie. Gute Cocktails trinkt sie im Jungbusch, einer Bar, die nach dem Mannheimer Stadtteil benannt ist, aus dem die Betreiber stammen. Im Café Jacques am Maybachufer mag sie die Pasta ebenso wie das Personal. Und für ein Gläschen Wein geht Karla zu einem Spezialisten: Bei Vin Aqua Vin in der Weserstraße gibt es regelmäßig Verkostungen.

Es darf aber auch gerne deftig sein: Der In-Burger-Laden The Bird hat seit einiger Zeit eine Filiale am Kottbusser Damm – auch dort ist die Österreicherin anzutreffen. Beim eigenen Einkauf ist sie übrigens nicht wählerisch – mit einer Ausnahme: „Bei Brot bin ich pingelig, da gehe ich hier zur Bio Company„. Und wie hält die ehemalige Beauty-Redakteurin es mit Mode und anderen schönen Dingen? Manches bekommt sie zugeschickt, aber so wichtig wie früher ist es ihr nicht mehr. In Leipzig brannte einst ihre Wohnung aus und Karla Kenya musste – oder durfte – erfahren, dass alles ersetzbar ist.

Weitere Links zu Karla Kenya findet ihr auf ihrer Homepage.

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Bullys Bakery, Friedelstraße 7, 12047 Berlin

Telefon 030 25325500

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