Mittwoch kurz vor 11 Uhr im Kino Babylon in Mitte: Ein einziger Kinderwagen steht im großen Saal neben den Sitzreihen. Isabell, 34, geht mit ihrem neun Wochen alten Sohn Tom auf und ab. Den Kleinen scheint die obligatorische Orgelmusik, die von der Leinwand zu den hinteren Reihen dringt, nicht zu stören. Seelenruhig schläft er in den Armen seiner Mutter. „Mich wundert es auch, dass heute nicht mehr Mütter da sind. Normalerweise sind wir immer eine Gruppe von drei bis vier Mamas“, erzählt sie und wippt dabei leicht in den Knien. Aber es muss wohl am guten Wetter oder am Film liegen, dass das Kinderwagenkino heute so mau besucht ist. Gezeigt wird das Western-Drama „Das finstere Tal“ – wahrlich kein Film, der für Kinderaugen bestimmt ist.
Idee aus Schweden
Aber darum geht es im Kinderwagenkino ja auch nicht. Ins Leben gerufen wurde es 2006 unter dem Aspekt, Eltern mit kleinen Kindern die Chance auf einen Kinobesuch zu geben. Denn nicht immer sind Großeltern oder Babysitter zur Stelle. In Schweden, woher die Idee stammt, ist es gang und gäbe, dass Mamas und Papas zusammen mit ihren Babys in Kino gehen.
Viele kommen regelmäßig
Und während die beiden darüber staunen, dass ihr Kinderwagen sogar zwischen die Reihen geschoben werden kann, trudeln weitere Mütter mit ihren Kindern ein. „Tendenziell kommen die Mütter gern etwas später“, schmunzelt Pressefrau Barbara Löblein. Deshalb stünden die Türen auch länger offen. Und tatsächlich: Nach und nach füllen sich die Reihen, bis sich schließlich 13 Mütter und zwei Paare auf den Sitzen eingerichtet haben.
Kindgerechte Atmosphäre
Und wider Erwarten finden die Kinder es gar nicht schlimm, zwei Stunden im Kino zu sein. Es ist erstaunlich ruhig, ab und an mal ein Glucksen oder Jammern. Das große Geschrei bleibt aus. Und dass der kleine Max lachend seinem Ball hinterherflitzt, daran stört sich niemand. Im Gegenteil, eine Mutter stillt ganz entspannt ihr Baby, eine andere hat es sich am Rand mit ihrem Krabbelkind auf einer Decke gemütlich gemacht. Bei einer Abendvorstellung undenkbar, zumal es dann stockduster ist.
Während des Kinderwagenkinos ist das Licht leicht gedimmt und der Sound etwas gedrosselt. So können die Kinder während der Vorstellung schlafen, was an diesem Vormittag der Großteil auch macht. Nur eine Mutter verlässt vorzeitig mit einem verstörten Baby das Kino: „Dieser Film ist zu schwer für mein Kind“. Die anderen halten bis zum Schluss durch; bei zwei, drei brutalen Szenen am Ende wenden sich manche ab oder klappen das Verdeck des Kinderwagens hoch. So einfach ist das.