Ein Schild fehlt noch: Wenige Wochen nach der Eröffnung wird der Entwurf für die Außenfassade des Kinos in der Königstadt noch von der Denkmalschutzbehörde überprüft. Das Gebäude gehört zum Gewerbehof Königstadt zwischen Straßburger und Saarbrücker Straße, einer ehemaligen Brauerei. Eine große, klassische Programmtafel bekommt das Kino nicht an die Fassade. Doch wahrscheinlich wird man auch ohne sie bald nicht mehr im Dunkeln daran vorbeilaufen, wenn sich der Standort eingeprägt hat.
Das Kino in der Königstadt ist schon deshalb etwas Besonderes, weil man hier nicht nur passiv Filme gucken kann. Filmemachern bietet sich die Möglichkeit, mit großer Leinwand an die Postproduktion zu gehen, also die Bilder noch mal zu bearbeiten. Die Voraussetzungen dafür, etwa die Stromversorgung, sind gegeben. Ist das Werk dann fertig, kann der Saal auch für Abnahmen, Voraufführungen oder Pressescreenings gemietet werden.
Große Filme, kleine Filme
Doch was ist mit dem Programm für alle? Es soll divers sein, Klassiker und Neuheiten beinhalten. Derzeit laufen drei Netflix-Produktionen, die ein paar Wochen nach dem Kinostart auch beim Streaming-Dienst zu sehen sind. Darunter Martin Scorseses Mafia-Epos The Irishman mit Robert de Niro und Al Pacino sowie Marriage Story mit Scarlett Johanssen und Adam Driver. Kino-Geschäftsführer Harald Siebler hat keine Berührungsängste mit dem Streaming-Giganten, glaubt an eine Koexistenz von Netflix & Co mit den Kinos.
View this post on Instagram
Bei unserem Besuch am Nachmittag läuft das Kontrastprogramm: 5 Dinge, die ich nicht verstehe, eine kleine, feine deutsche Produktion. Schauplatz ist der Rand des Ruhrgebiets, Peter Lohmeyer spielt einen Bauern mit dem Zungenschlag der Region. Die meisten der jüngeren Darsteller sind dagegen noch weniger bekannte Gesichter oder Laien. Solche Filme sollen auch in Zukunft auf dem Programm stehen, selbst wenn sie wie an diesem Nachmittag spärlich besucht sind. Die Freiheit dazu soll dem Kino in der Königstadt der Club der Hundert geben. Wer darin Mitglied wird – maximal 100 sind vorgesehen – unterstützt das Kino mit seinen Beiträgen und bekommt dafür eine Jahres-Flatrate für alle öffentlichen Vorstellungen. Die bequemen bordeaux-roten Sitze mit großer Beinfreiheit dürften dazu beitragen, dass nicht nur die Mitglieder häufiger wiederkommen.
Ein Mann für viele Aufgaben
Die Bar ist nicht umsonst Namensanhängsel: Man kann und soll sie auch unabhängig von Filmvorführungen besuchen. Sie ist definitiv besser ausgestattet als der Durchschnittstresen im Kino, zum Beispiel gibt es hier frisch gebrühten Kaffee oder Longdrinks. Für die übrigen Mieter des Gewerbehofs – einige davon haben mit Film oder Kultur zu tun – könnte hier ein Treffpunkt entstehen. Genau das möchte auch Harald Siebler, der nicht nur Geschäftsführer, sondern eigentlich das Mastermind hinter dem ganzen Projekt ist. Er hat die Gesellschaft für europäische Film- und Kinokultur in der Königstadt GmbH gegründet, die das Kino betreibt. Er verkauft an diesem Nachmittag aber auch die Eintrittskarten und Getränke. Siebler ist außerdem Produzent, Regisseur und gelegentlich auch Schauspieler. Laut der Filmdatenbank Imdb.com spielt er etwa in der Netflix-Verfilmung von Naomi Feldmans Buch Unorthodox, die gerade in Arbeit ist, einen Professor. Und auch hinter einem Festival steckt Harald Siebler: Ende Mai 2020 kommt das South East European Film Festival mit seiner fünften Ausgabe ins Kino in der Königstadt.
Weitere Infos zum Kino und seinem Programm bekommst du auf dessen Webseite.