Eigentlich sollte es schon Ende 2015 losgehen mit dem neuen Kino Wolf, das gleichzeitig Produktionsstätte, Diskussionsforum und Nachbarschaftstreff ist. Denn das Filmgehege besteht aus zwei Kinosälen für je rund 50 Besucher, Produktionsräumen für Filmschnitt und Co., einem Raum für Medienkunst und Workshops und einer Bar, in der du es dir auch ohne Ticket gemütlich machen kannst. Es ist ein Sammelsurium aus allem, was flimmert und anzieht, das Verena von Stackelberg konzipiert hat.
Sie wissen nicht, wie man Filme teilt
„Die Erfahrung, Filme zu teilen, ist heute verloren gegangen“, erklärt Verena mit dem Verweis auf Video-on-Demand und Filmportale im Internet. Wenn man sich schon vom Laptop weg und ins Kino bewege, dann müsse dieser Ort darum schon etwas besonderes sein. Kein großes Multiplex-Kino, durch das man nur durchgeschleust wird und auch kein kleines Arthouse-Kino OmU-Style, vor dem der Filmlaie zurückschreckt. Im Wolf sollen Blockbuster zusammenkommen mit Filmen, deren künstlerischer Anspruch hoch ist und die sonst nicht im Kino gezeigt werden. Verenas Grundphilosophie ist außerdem, dass sich Filmemacher und Besucher auf Augenhöhe begegnen. Alle sollen wissen, was es heißt, einen Film herzustellen, über ihn zu sprechen, sich darüber auszutauschen.
Diese Idee trägt Verena schon seit acht Jahren mit sich herum. Sie hat Kinokarten abgerissen, dann Kinoevents organisiert, Filme verliehen, Filmfeste programmiert, hat in London und Barcelona gearbeitet. Jetzt verwirklicht sie sich in Neukölln. Warum?
Das Kino soll so vielseitig sein wie Neukölln
Zwischen Arabern und Deutschen, Jungen und Alten herrsche eine besondere Atmosphäre, die Verena „nationslos“ nennt. Die Gegend biete genau das, was sie für ihr neuartiges Kinoprojekt braucht: einen Ort der Energie und Kreativität, wo Menschen gegenüber neuen Ideen offen sind.
Und tatsächlich: Die Nachbarn wollten schon beim ersten Handgriff wissen, was in dem ehemaligen Bordell passiert. Auch dessen ehemalige Besucher freuen darüber, dass hier nicht nur eine neue Bar aufgemacht hat.
Insgesamt ist Wolf ein Ort für die Gemeinschaft. Da es in Neukölln nicht zugeht wie im Märchen, in dem der Korb mit Kuchen und Wein an einem vorbeispaziert und die Taler vom Himmer fallen, hat das Wolfsrudel viele Ideen durch Crowdfunding finanziert. Außerdem durften Filmschaffende und Nachbarn ihre Wünsche für das neue Kino äußern. Es ging also so los, wie Wolf auch weiterzieht: „Wir wollen keine elitäre Atmosphäre. Das Programm soll so divers sein wie unsere Nachbarschaft“, wünscht sich Verena.
Vielleicht wird es bald multikulturelle Abende im Wolf-Studio geben oder Programme von Jugendlichen aus dem Kiez. Und das Publikum darf auch jetzt schon Vorschläge machen, welche Filme gezeigt werden. In der Eröffnungswoche steht zum Beispiel der neue Animationsfilm Mein Leben als Zucchini auf dem Programm, aber auch Welt am Draht von Rainer Werner Fassbinder aus den 1970ern. Hauptsache, es laufen gute Filme und das Programm funktioniert in der Nachbarschaft.
Hier kann man also vieles haben, nur eins ist völlig unnötig: Die Angst vorm bösen Wolf.