Kleine Service-Betriebe und ein paar Ingenieurbüros: Das Gebiet rund um die Gustav-Adolf-Straße ist wahrlich keine Flaniermeile. Einzig und allein kleine architektonische Schmuckstücke können sich sehen lassen: Eine Fülle von Stilen, eindrucksvolle Zeilen mit Backsteinbauten, Ornamente, Skulpturen, kleine Villen im Heimatstil. Dagegen säumen nur wenige kleine Geschäfte wie Kneipen, Bäckereien und Apotheken die Straßen. Oft schaut man auf leere Schaufenster. Auf Plakaten wird nach neuen Betreibern gesucht. Teilweise versperren Baustellen den Fußweg.
Viel kulturelles Potenzial
Dabei hat gerade dieser Kiez das Zeug zur Kunstmagistrale und kann wieder zu altem Ruhm gelangen, sind sich Kiezbewohner und Gewerbetreibende sicher. Sie wollen etwas an der aktuellen Lage ändern. Der Grund: In den Gassen des Gustav-Adolf-Kiezes schlummert viel künstlerisches Potenzial: das Kunst- und Kulturzentrum Brotfabrik, das Kino Toni am Antonplatz, Kunsthochschulen, die Freie Musikschule, die Opernakademie Berlin und auch die Volksbühne haben hier ihre Werkstätten und Räumlichkeiten.
Das Projekt von Nikolaus Schneider, Johannes Wille und Brina Stinehelfer schließt sich dem an. Das Künstler-Trio ist Betreiber des ehemaligen Stummfilmkinos Delphi in der Gustav-Adolf-Straße. Sie wollen dem fast vergessenen Juwel der Stadt wieder neues Leben einhauen. „Hier soll ein Kulturort geschaffen werden, in dem alles – von Film über Theater, Tanz, Oper und Kabarett bis hin zu Burlesque – zu Hause ist.“ Eine „freie Theaterszene“ soll sich entwickeln, die sich – zwar nicht ausschließlich – aber zum größten Teil an den Stil der 20er Jahre anlehnt. Denn „der Charme, die Ästhetik, der Stil und vor allem die Energie der Räumlichkeiten des Delphis fordern, dass man mit dem Raum arbeitet“, meint Brina Stinehelfer.
Investoren gesucht
„Es ist noch viel Traum dabei“, meint Theatermacher Nikolaus Schneider während des Rundgangs durch die Räumlichkeiten. „Wir müssen in der Realität schauen, was wir daraus machen. Was bisher funktioniert, sind kleine Veranstaltungen, die wir bisher realisieren konnten. Bälle und Tanzveranstaltungen im Stil der 20er – da braucht man nicht viel machen, denn der Raum lebt es einfach vor.“ Brina Stinehelfer betont, dass es nicht nur die Idee ist, das Kino und Theater weiter zu entwickeln, „sondern die ganze Weißenseer Spitze einzubeziehen – damit hier nicht nur das Delphi ist“. „Das ist keine Black Box“, also kein Standardplan, denn die drei Künstler sind auf der Suche nach Leuten mit besonderen Kunstprojekten, die auch mit dem Raum und seiner besonderen Atmosphäre zusammen arbeiten können.
Gemeinsam mit Einzelhändlern aus dem Kiez arbeiten sie in einer Initiative daran, dass die Gegend zwischen Kunsthochschule und Gustav-Adolf-Straße wieder auflebt. „Das ist hier eine tote Ecke und es passiert derzeit nichts. Was her muss, sind neben Theater und Kino auch Restaurants und Bars. Das Ganze soll wieder zu Leben kommen, das Potenzial ist da“, meint Nikolaus Schneider. „Doch alleine schaffen wir das nicht, sondern nur in Gemeinschaftsarbeit, wir können das Katapult sein und müssen uns kulturell gegenseitig befruchten.“ Klein-Hollywood muss wieder auferstehen.
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