Wir haben ihn uns irgendwie beeindruckender vorgestellt, den historischen Müggelturm. Schon seit 1889 steht ein Aussichtsturm mit angeschlossenem Restaurant auf dem Kleinen Müggelberg. Seit 1961 sieht der Turm so aus, wie ihn Studenten der Kunsthochschule Weißensee entworfen haben und wie er im Grunde noch immer dasteht: eckig, weiß, mit Panoramafenstern auf jeder der neun Etagen des rund 30 Meter hohen Turms. Die Farbe an einigen mittlerweile beigen Gittern, durch die wir auf der Aussichtsplattform nach draußen schauen, blättert ab. Den 126 Stufen sieht man ihr Alter deutlich an, obwohl der Müggelturm erst seit diesem Frühjahr wieder für Besucher geöffnet wurde. Immerhin: Romano und Franzi waren schon hier – das hat zumindest jemand neben den halb abgepulten Stickern in die Wand geritzt. So wirklich schick ist das Ganze von innen also nicht. Es sei denn, man ist auf der Suche nach etwas DDR-Charme. Aber so soll es wohl auch sein. Immerhin ist die Anlage denkmalgeschützt und wurde seit 2014 Schritt für Schritt instandgesetzt.
Für Fans von Ostalgie und Torte
Oben angekommen haben wir allerdings einen herrlichen Blick auf Berlins höchste natürliche Erhebung, den Großen Müggelberg. Über die Köpenicker Wälder und den Langen See sehen wir bis zum Fernsehturm und auf der anderen Seite bis raus nach Brandenburg. Das ist wirklich schön. Beim Abstieg kommen uns gut gelaunte, ältere Damen entgegen, die lächelnd sächseln oder berlinern, obwohl ihnen der Aufstieg sichtlich schwer fällt; sie sind heute unter den anderen, oft älteren, Besuchern in bester Gesellschaft. Für Käffchen und die Tortenstücke in der angeschlossenen Gaststätte nehmen sich die meisten dieser Ausflügler mehr Zeit als für den Besuch vom Turm selbst. Das Hauptmann Restaurant ist riesig, mit zwei großen Terrassen und einem Panorama-Ausblick in die grüne Umgebung – wie gemacht für den 60. Geburtstag von Omi. Oder für das Sektchen nach der Trauung, denn bald soll es am Müggelturm auch eine Außenstelle des Köpenicker Standesamtes geben.
Schöner als der Turm selbst ist das Drumherum
Fazit des Auf- und Abstiegs: Kann man machen. Wirklich lohnenswert ist aber vor allem der Weg zum Turm und wieder weg, wenn man auf das Auto verzichtet. Wir haben gleich zwei Wege ausprobiert und können uns nicht entscheiden, welcher schöner ist. Der erste führt uns vom S-Bahnhof Köpenick mit der Straßenbahn bis an die Endhaltestelle Wendenschloss. Dann geht es am Ufer des Langen Sees entlang in Richtung des Ausflugslokals Schmetterlingshorst. Den Weg kennen wir, hier sind wir schon einmal mit Elektromusiker Sascha Braemer durch seinen Kiez spaziert. Wir passieren das Strandbad Wendenschloss, entdecken auf der anderen Uferseite die Tribüne der Regattastrecke, beobachten einen Reiher an einer Fähr-Anlegestelle und tun uns schwer damit, anhand von Wegweisern den Weg am Ufer Marienlust zu finden, auf den wir zum Turm links abbiegen sollen.
Doch dann entscheiden wir uns instinktiv für den ersten breiten Weg, der von einem befestigten Ufer aus in den Wald hineinführt und finden so am Ende doch beim ersten Versuch die steile Treppe, die uns zum Müggelturm bringt. Rund eine Stunde hat dieser entspannte Wald- und Uferspaziergang gedauert. Zurück wählen wir den Weg durch das Moor vom Teufelssee. Klingt gruselig, wir wandeln aber auf einem Holzsteg vorbei an Seerosen und Infoschildern. Der See ist nämlich ein Hochmoor, um den ein drei Kilometer langer Naturlehrpfad herumführt. Wieder finden wir keine eindeutige Beschilderung, aber dank GPS und unserem Handy zurück zur Straße, auf der uns der Bus zurück zum Bahnhof Köpenick bringt.
Auf der anderen Straßenseite könnten wir noch auf dem Abenteuerspielplatz an der Gaststätte Rübezahl Halt machen, von hier aus am Ufer des Müggelsees weiter bis nach Friedrichshagen oder zur Badestelle am Kleinen Müggelsee wandern. Wären wir am Wochenende gekommen, hätte wir außerdem zum Kammweg hinabsteigen und Mountainbiker bei ihren Manövern zuschauen können. Denn direkt am Weg findet man Berlins einzige offizielle Downhill-Strecke. Es gibt also viel zu sehen. Aber uns reicht es, immerhin sind wir schon gute drei Stunden unterwegs. Vielleicht geht es beim nächsten Mal noch weiter raus.
Eine Tour zum historischen Müggelturm können wir nur empfehlen, auch wenn der selbst zwar ein praktisches Ziel, aber nicht das Hauptargument für diesen Ausflugstipp in die Müggelberge ist.
Der Müggelturm in Köpenick ist täglich von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 4, ermäßigt 2 Euro. Von dem Gewinn der Eintrittsgelder soll der Müggelturm weiter saniert werden.