Für den Gastronomen Kleeberg ist die Gegend um den Gendarmenmarkt längst mehr als nur sein Arbeitsort. Als er an einem Januarabend das bayerische Restaurant Augustiner gegenüber vom Konzerthaus betritt, wird er herzlich begrüßt und umarmt. Nicht nur, weil sein Gesicht aus dem Fernsehen bekannt ist – Kleeberg ist hier regelmäßig selbst zu Gast, lobt die Bratwürste und natürlich das frische bayerische Bier. Seit März 2013 wohnt er auch im Viertel, in dem er 1997 das Restaurant Vau eröffnet hat. Letzteres darf sich seit dem ersten Jahr mit einem Michelin-Stern schmücken.
Mit Bratpfannen und Kochlöffel kam der junge Kolja früh in Berührung. Sein Vater stand gerne selbst am Herd; mit seiner Mutter zusammen wagte er den ersten eigenen Gehversuch: selbst gemachtes grobes Kartoffelpüree. Doch erst als der Traum von der Schauspielerei zu platzen drohte, entschied sich Kleeberg auf Rat eines Freundes zu einer Lehre als Koch – und hat seither nicht zurückgeschaut. Schnell stand er den ganzen Tag in der Küche, bereits im ersten Lehrjahr zeitweise sogar alleine. „In der Anfangszeit habe ich gedacht, dass in der Gastronomie das Kochen das Wichtigste ist. Ich musste dann lernen, dass es vielleicht 30 Prozent ausmacht“, erzählt Kleeberg. Ohne Freundlichkeit und guten Service hätte der Stern für das Vau auch sicher nicht 16 Jahre Bestand gehabt.
Natürlich hat Kleeberg registriert und davon profitiert, dass sich der Stellenwert des Kochens in den letzten zehn Jahren verändert hat. Der Betreiber des Vau ist regelmäßig im Fernsehen, unter anderem in der ZDF-Sendung „Küchenschlacht“, zu sehen. Darüber hinaus ist er aktuell für den gastronomischen Teil des ‚Gourmet-Theaters‘ Palazzo am Humboldthafen verantwortlich. „Kochen ist zur Unterhaltung geworden. Kochen im Fernsehen anzuschauen ist wie eine Talkshow zu sehen“, findet Kleeberg. Doch er sieht die Entwicklung positiv: „Von 100 Leuten, die sich einen Jackie Chan-Film anschauen, kommen vielleicht zwei darauf, Kampfsport zu machen. Und wenn von 100 Leuten zwei sagen „Das koche ich mal nach“, wäre das schon ein Erfolg.“
Es muss nicht kompliziert sein
In Berlin-Mitte ist Kolja Kleeberg seit 1994 tätig. Nach einem eher kurzlebigen Engagement am Potsdamer Platz eröffnete er 1997 für einen Investor das Restaurant Vau in der Jägerstraße; 2002 kaufte er den Laden gemeinsam mit seiner Ex-Frau. Neben der Auszeichnung von Michelin bekommt das Vau für seine klassische, französisch angehauchte Küche seit einigen Jahren 17 von 20 Punkten im „Gault Millau“. Kleeberg erinnert sich an die Anfänge: „Ende ’96 war es in Mitte noch dunkel. Es gab das Borchardt, es gab das Hilton – das frühere Interhotel – aber ansonsten nicht viel. Da war kein Leben, keine Leute auf den Straßen.“
Zum Glück machte der Investor hinter dem Vau nach Ansicht seines damaligen Chefkochs viel richtig, setzte auf hochklassige Küche und ausreichend Werbung. An einen Tag Ende August 1997 erinnert sich Kolja Kleeberg noch ganz genau. Kurz nach den Sommerferien war das Vau ausgebucht – was zuvor noch nicht regelmäßig der Fall gewesen war. Kleeberg war allein mit Fleisch, Fisch und Soßen beschäftigt, doch trotz der knappen Besetzung war es seinen Worten nach ein grandioser Abend. Selbst an die Menüfolge kann er sich noch genau erinnern und schwärmt: „In der Küche lief alles so perfekt, dass die Gäste trotz Stress glücklich nach Hause gingen.“ Ab September 1997 war das Vau dann bis 2003 jeden Abend ausgebucht.
Ein erwachsenes Viertel
Die Gegend um den Gendarmenmarkt ist Kleeberg ans Herz gewachsen, weil sie sich in den letzten 20 Jahren so verändert habe. „Das ist fast so, wie wenn man einem Kind beim Wachsen zuschaut“, beschreibt er den Prozess. Und bleibt bei dem Bild: „Die Jägerstraße ist erwachsen geworden, sie hat vielleicht noch ein paar spätpubertäre Pickel, aber schon viel durchgemacht.“ Kleeberg hat sie lange ‚groß werden‘ sehen, weiß aber auch, was ihm im Viertel noch fehlt: „Ich fände es schön, wenn in diesem Kiez nicht nur Business und Entertainment, sondern auch Leben stattfände. Dass man um die Ecke gehen und Klopapier kaufen kann. Familienleben ist hier wenig zu finden. Es ist eigentlich noch kein Kiez.“
Außerdem geht Kolja Kleeberg „unheimlich gerne zum Frisör – weil ich es liebe, mir den Kopf waschen zu lassen“. Sein bevorzugter und inzwischen mit ihm befreundeter Haarschneider ist André Goerner am Hausvogteiplatz. Dieser Platz hat es Kleeberg wegen seiner Ruhe und seines Charmes ohnehin angetan. Ansonsten empfiehlt er für einen entspannenden Einkaufsbummel die Galeries Lafayette. Und selbst einen guten Zahnarzt hat er gefunden. Bei Dr. Felix Zaritzki in der Jägerstraße stimmt für ihn nicht nur die Behandlung: „Du kannst, während du auf dem Stuhl liegst, einen Spielfilm schauen.“