Triefnase, rote Augen, und während der ersten paar Worte auf dem Laptop schon drei Mal geniest. Mit einer kleinen Erkältung sitze ich auf meinem Bett, während meine Freunde ohne mich zum Brunchen fahren. Und trotzdem hat sich der Schnupfen gelohnt! Letzte Woche war ich Boot fahren, richtig als Kapitän, ohne Führerschein. Wenn ich mich verabrede, versuche ich möglichst, etwas zu unternehmen, was ich lange nicht – oder noch nie – getan habe. Diesmal ist es mein guter Freund Olaf, dem ich vorschlage, am Müggelsee ein Boot zu mieten.
Mit Picknickdecke und Hund auf dem Rücksitz fahren wir in Richtung Köpenick. Ein wirklich sensationell schöner Bezirk, und wieder einer dieser Momente, in denen ich Stadtführerin für Zugezogene werden will. Berlin ist so viel mehr als nur der eigene Kiez. Am Hafen betreten wir das kleine Bootshäuschen. Leichte Brise, ein paar Wolken am Himmel, und die kleinen Boote schaukeln leicht und sehr hübsch anzusehen auf dem Wasser. Fünfzig Boote etwa gehören zum „Spreepoint“–Bootsverleih. „Unser“ kleines Motorbötchen heißt „Sophia“. Ich weiß auch schon, wohin ich möchte. Nach „Neu–Venedig“!
Freundliche, winkende Menschen
Nach etwa einer halben Stunde über den Müggelsee sind wir da, wo ich hinwollte. Neu–Venedig ist ein Paradies mitten in der Stadt. Trauerweiden, deren Äste sanft das Wasser berühren. Enten, die am Rande des Wassers auf ihren Küken hocken und sie füttern. Und winzig–süße Traumhäuser, eins neben dem anderen. Wer wohnt denn hier? Warum kenne ich keinen, der hier wohnt? Warum wohne ich nicht hier? Wir winken allen zu, alle winken zurück. Diese herrliche Ruhe, glückliche Menschen, die aufs Wasser schauen, Rasenflächen, die aussehen wie mit der Nagelschere geschnitten, und trotzdem hat das Ganze etwas leicht Wildes und sehr Natürliches. Ich wünschte, ich könnte malen.
Regenguss auf dem Müggelsee
Stattdessen mache ich Fotos, als wäre es ab morgen verboten. Selbst der Hund hat Spaß, beobachtet die Enten, lässt sich den Wind um die Nase wehen und sitzt auch sehr pittoresk direkt vorne am Bug. Dass wir selbst das Boot steuern dürfen, und dass wir das auch einigermaßen gut hinkriegen, ist ein tolles Gefühl! Trotzdem müssen wir langsam zurück, die Zeit verfliegt auf dem Wasser. Plötzlich, direkt auf dem Müggelsee: eine dicke Regenwolke. Der Wind lässt das Boot ordentlich schaukeln. Ich lache, Olaf hat Angst, dass er ins Wasser fällt und der Hund mag das alles nicht mehr. Er kuschelt sich zu uns unter die Decke.
Völlig durchnässt kommen wir in dem Moment zurück, in dem der Regen aufhört und die Sonne wieder strahlt. Gutes Timing! Egal. Ich niese das erste Mal. Olaf auch. Hat sich aber gelohnt. Wir schauen uns vor dem Heimweg noch ein Partyboot an für zwölf Personen – das wäre perfekt für das nächste Kollegentreffen! Ein Grill passt darauf und falls es regnet, gibt es ein Dach. Gab es übrigens auf unserem Boot auch, wir haben nur vergessen, es auszuklappen. Trotzdem Wurst. Das war ein wunderbarer Ausflug. Und alles lief schnell und unkompliziert, das liebe ich persönlich besonders. Und wenn ich nett behandelt werde, ist das die halbe Miete.
Kenne ich wirklich niemanden, der in Neu–Venedig wohnt? Ich kann ganz tolle Buletten. Die würde ich auch mitbringen. Und ich wäre ganz leise auf meinem Liegestuhl….um die kleinen Entenkinder am Rande des Wassers nicht zu stören…..versprochen!