Kolumne Gerlindes Geheimtipps

Café Kredenz: Torten essen mit dem Adel

Adliger als ein echter Graf? Künstler Lo Graf von Blickensdorf sitzt Gerlinde Jänicke im Kredenz Café gegenüber.
Adliger als ein echter Graf? Künstler Lo Graf von Blickensdorf sitzt Gerlinde Jänicke im Kredenz Café gegenüber. Zur Foto-Galerie
Kantstraße - Gerlinde Jänicke ist eine der bekanntesten Radiomoderatorinnen der Stadt. In ihrer Kolumne auf QIEZ.de verrät sie euch jede Woche exklusiv ihre liebsten Orte, besondere Events und noch jede Menge mehr. Diese Woche war sie in besonderer Begleitung in einem Charlottenburger Café.

Es war einmal ein kleines Mädchen, das verlief sich im Wald. Es geriet immer tiefer ins Dickicht und lief so lange, bis es plötztlich ein wundersames Häuschen sah. Das war aus Kuchen und Keksen und Schokolade gemacht. Das kleine Mädchen lief weiter, fand irgendwann ein Taxi und fuhr nach Hause. Und wurde nicht von der bösen Hexe aufgegessen.

Ende.

Das wäre meine Hänsel und Gretel Version, denn erstens habe ich keinen Bruder, und zweitens mag ich keine Süßigkeiten. Was mich nicht zu einem gesunden Menschen macht. Gib mir einen Burger, nimm den Salat runter und pack einen Streifen Bacon dazu, und ich bin im Himmel.

Wenn man sich allerdings mit einer anderen, sehr adeligen Märchenfigur zum Nachmittagskaffee verabredet, dann kann man ruhig mal eine Ausnahme machen. Ich stiefele wie der Kater des edlen Herrn Carrabas zum „Café Kredenz“ in der Kantstrasse nach Charlottenburg.

Echter als ein Graf

Kuchen im Kredenz Café
Mein Date: Lo Graf von Blickensdorf. Künstler, Gentleman und Tortenfetischist. Ein Mann, mit dem man sich gerne „blicken“ lässt. Immer fein gekleidet, mit einem Stock, der mich an den erinnert, den Mary Poppins bei sich trug. „Ich musste mich an einem Punkt meines Lebens entscheiden. Will ich obdachlos sein…oder Graf.“ Ich muss sehr lachen, als er das sagt, weil es so absurd ist. Es gibt natürlich nichts dazwischen. Der Titel ist ein Künstlername, und er passt perfekt.

Seine Geschichte hat der Graf in einem Buch zusammengefasst: „Werden Sie doch einfach Graf“ – vor einigen Jahren schon veröffentlicht und bis heute in den Bestsellerlisten. Dauerbrenner. Seit er Graf ist, nehmen ihn die Menschen anders wahr. Er wird bevorzugt behandelt, seine Kunst verkauft sich besser, man ist freundlicher. Oft wird er eingeladen. Er ist kein Hochstapler. Er erzählt offen und ehrlich, dass sein Leben mit dem unechten Namen schöner geworden ist. Mach doch einfach. Seine Devise. Und dabei ist er immer freundlich und niemals zynisch oder bösartig. Edel, ein bisschen. Er hätte auch Ritter Lo sein können. Ich mag, dass der Graf mein Freund ist. Er ist wohlerzogen, klug und witzig, und vor allem ist er wie ein Kind. Er freut sich, wenn jemand um ein Autogramm bittet, strahlt, wenn jemand ein Foto mit ihm möchte und ist dabei immer sehr dankbar. Und er passt in diese Stadt, die so sein lässt, wie man sein möchte. Natürlich wohnt er in der Nähe des Schloss Charlottenburg. Und im Park des Schlosses sieht man ihn oft flanieren und die Natur fotografieren.

Torte aus Stettin

Wir schwatzen und ich bestelle ein Stück Torte mit Baiser und Datteln. Ach, manchmal kann ich so gut verstehen, warum Menschen gerne Süßes essen. Es ist ein bisschen wie in Wolken beißen. Die Torten kommen aus Stettin, werden jeden Tag frisch geliefert. Dacquoise Baiser Torte mit Datteln und Walnüssen. Ich werde den Namen vergessen, aber nicht, wo ich diese Torte bekomme, wenn ich irgendwann dringend eine brauche. Ist die gut! Der Graf isst sein Stück Torte langsam und genüsslich und setzt vorher eine winzig kleine Figur mit einem noch winzigkleineren Presslufthammer in den Händen auf das Stück, das er fotografiert. Es sieht aus, als hätte der Minimann aus dem Kuchen ein Stück herausgebrochen. Das ist eins der Markenzeichen des Grafen. Überall in der Stadt sitzen diese kleinen wunderbaren Figürchen auf Brücken und Bänken. Er klebt sie auf und lässt sie ihre eigenen Geschichten erleben.  

Das Café Kredenz ist der perfekte Ort für einen Grafen, der Torten liebt. Der Laden sieht aus, als hätte meine Urgroßmutter ihn eingerichtet. Eine Mischung aus Puppenstube und Antiquitätenladen. Ich weiß nicht, wieso ich noch nie etwas von ihm gehört habe, es muss ihn ja seit Jahrzehnten schon geben! Nö. Eröffnet hat ihn Maria Bojarzynska 2009. Und er ist schon zu einem der besten Cafés Deutschlands gewählt worden. Kleine Deckchen, Jazz, Puppenhäuschenbeleuchtung und eine wirklich süße Maria, die sich um jeden Gast kümmert, als säße man tatsächlich bei ihr im Wohnzimmer.

Der Graf steigt zum Abschied auf sein Fahrrad und winkt mir zu. Ein Nachmittag wie aus einer anderen Zeit. Irgendwie entschleunigt. Und irgendwie mag ich jetzt auch leider Torte.

Foto Galerie


Quelle: QIEZ / externe Quelle

Kredenz Café, Kantstraße 81, 10627 Berlin

Telefon 030 32704295

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Montag bis Samstag von 11:00 bis 18:00 Uhr
Sonntag von 12:00 bis 18:00 Uhr

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