Diese Stadt erstaunt mich immer wieder. Auch wenn ich es zum hundertsten Mal sage – ich liebe Berlin. Und ich mache ja alles mit. Dinner in Abendrobe, Bierchen im Jogginganzug in einer Kreuzberger Eckkneipe, mit innerlicher Hipsterbrille zwischen Freaks und Cineasten in den Panorama-Vorstellungen der Berlinale sitzen. Es gibt wenig, das ich nicht ausprobiere, dazu ist das Tablett der Möglichkeiten zu voll und ich muss mir im Grunde immer nur das nehmen, was ich kosten möchte. Diesmal koste ich mit meiner Freundin Bridge. Sie möchte mit mir nach Neukölln, da macht so ein „Bio-Dings“ auf. Biodings finde ich super, und Neukölln erschließe ich mir, dank meiner Freundin, langsam aber sicher und bin schon ein bisschen verliebt. Ein Bezirk wie hundert Städte.
Lächelnde Hühner und fröhliche Schweine
Ich nehme mir ein hartgekochtes Ei vom Perlhuhn. Der Eiermann heißt Herr Habel und schenkt mir ein paar der besten Eier, die ich je probiert habe. Ich habe das Gefühl, die sind schon gewürzt, wenn sie aus der Schale gepellt werden! Das Besondere, sagt Herr Habel, ist, dass er einen mobilen Stall hat. Mit sieben Hennen und einem Hahn. So zieht er von Kräuterwiese zu Kräuterwiese und kann so den Hühnern immer frisches Futter anbieten. Der Landwirt ist sichtlich stolz auf seine Erfindung. Auf 140.000 qm in Falkenhagen fehlt es den Hühnern an nichts. Ich sehe vor meinem geistigen Auge nicht nur glückliche, sondern lächelnde Hühner.
Das Konzept einer Food Assembly
Ich probiere noch frisches Brot, Kürbiskernöl, Säfte, Kräuter, Marmelade. Alles aus der Region. Und was ist das hier nun?
Eine der schönsten Ideen, von denen ich lange gehört habe – eine „Food Assembly“. Es gibt sie weltweit, und wer eine gründet, kontaktiert verschiedenste Erzeuger aus der Nähe, um die besten Produkte zusammenzustellen. In diesem Falle ist es die Italienerin Giulia Giacomini von „Agora“, einer Mischung aus Künstlertreffpunkt und Kreativschmiede, die hier treibende Kraft ist. Das Prinzip ist sehr einfach. Man meldet sich auf einer Website an und gibt Bestellungen auf. Jeden Mittwoch, wenn ein Mindestbestellwert der Nutzer erreicht wird, kann man sich seine Waren im Garten von „Agora“ abholen. So wird wirklich nur geliefert, was gebraucht wird. Ergo, weniger Benzin, weniger Abfall, mehr Nachhaltigkeit. Und wir tun etwas für die Region, wenn wir hier bestellen. Mit so viel Liebe stellen die Landwirte ihre Produkte vor, da möchte man im Grunde selber zum Bauern werden.
Die „Food Assembly“ inspiriert mich. Sie tut etwas für die Gemeinschaft, für den Kiez. Sie ist umweltbewusst, ohne verbissen oder dogmatisch zu sein, und sie ist das genaue Gegenprogramm zum hektischen und lauten Stadtleben. Sie ist frei von Egoismus, ohne aufdringlich zu sein. Schön, dass es immer auch Alternativen gibt zum fast food – fast life gibt. Ich möchte diesen Dingen immer wieder begegnen. Weil sie die Welt schöner machen. Und netter.
Und ein bisschen habe ich beim Schreiben auch eine Blume im Haar.
Weitere Infos gibt’s hier: www.foodassembly.de