Ein bisschen versteckt zwischen Theater und Partei-Infostand steht er hinten in der Ecke: Der Gebetomat. Von außen passt er sich farblich den roten Wänden an, von innen ist er grau. Dort nimmt man auf der Lederbank Platz, schließt den Vorhang und hat die Wahl. Angefangen bei den großen Weltreligionen, entscheidet sich der Kabinengast für eine Richtung des Christen-, Judentums, Buddhismus, Hinduismus oder Islams. Die gewählte Religion teilt sich wiederum in Untergruppierungen, aus denen man sich für eine entscheidet und am Ende bei einem von 300 Gebeten landet.
Das Wunschgebet angeklickt, hört man zum Beispiel „Von guten Mächten“ (Christentum) oder „Metta Sutta“ (Buddhismus). Alles mit unterschiedlicher Länge, in 65 Sprachen. Am ablaufenden Zeitbalken sieht man, wie lang das Auserwählte noch aus dem Lautsprecher ertönt. Sind einem etwa die Choräle, die auch Programmpunkt sein können, zu speziell, wechselt man einfach zum nächsten.
Der weltweit erste multireligiöse Automat war die Idee von Theaterregisseur Oliver Sturm aus Wedding. „Mich interessiert die Spannung zwischen unserer automatisierten Welt und der Intimität des persönlichen Gebets“, sagt der Berliner der BZ. Und schlägt mit der ungewöhnlichen Idee eine schöne Brücke zwischen Gläubigen, die zum Beten hierher kommen und womöglich (noch) Ungläubigen, die sich so ganz ohne Barrieren einer Religion nähern und per Knopfdruck mehr über sie erfahren. Mittlerweile gibt es die Kabinenkirche in mehreren deutschen Städten und sogar auf dem Campus der Uni Manchester.