Kreuzberg 61

Bergmannkiez, du wirst mir fehlen!

Die belebte Bergmannstraße ist das Herzstück des Bergmannkiezes und hat nicht nur kulinarisch so einiges zu bieten.
Die belebte Bergmannstraße ist das Herzstück des Bergmannkiezes und hat nicht nur kulinarisch so einiges zu bieten. Zur Foto-Galerie
Unsere Autorin Anja muss nach zwei Jahren erfolgloser Wohnungssuche ihren geliebten Bergmannkiez verlassen. Nun heißt es: Abschied nehmen von Kreuzberg 61! Dabei gibt es so vieles, das ihr ans Herz gewachsen ist ... 

Angeblich ist es ja immer schwer, seinen Kiez zu verlassen. Ich kann das nicht so ganz bestätigen: Als ich vor mehr als zehn Jahren von der Warschauer Straße in den Wrangelkiez gezogen bin, war ich erleichtert. In Friedrichshain habe ich mich nie wirklich heimisch gefühlt, der Simon-Dach-Kiez war mir sowieso zu trubelig. Am Schlesischen Tor war dann alles viel schöner, ein paar Jahre später entwickelte sich die Ecke jedoch auch zum weniger charmanten Partykiez. Als sich 2011 die Möglichkeit ergab, in eine WG im Bergmannkiez zu ziehen, habe ich mich also wieder ohne Abschiedsschmerz auf eine neue Ecke gefreut – denn die war zufällig schon immer mein absoluter Lieblingskiez in Berlin.

Zwar hat sich seitdem auch in Kreuzberg 61 viel verändert, würde es nach mir gehen, würde ich jedoch für immer hier bleiben. Doch die Lebensumstände verändern sich, eine eigene Wohnung musste her. Nach knapp zwei Jahren Suche bleibt mir nichts anderes übrig, als pragmatisch zu sein. Für eine erschwingliche Wohnung im Bergmannkiez bin ich einfach zu spät dran, jetzt werde ich ihn verlassen müssen. Dieses Mal mit richtig viel Abschiedsschmerz. Das alles wird mir besonders fehlen:

 

Marheinekeplatz

Im Sommer die beste Terrasse überhaupt. Tagsüber kann man am Wochenende über den Flohmarkt stöbern, sich abends mit Freunden auf dem Platz treffen, einen Wein vom Weinladen nebenan oder aus der Markthalle holen und den Feierabend ausklingen lassen. Irgendjemanden trifft man hier meistens noch zufällig. Für mich war der Marheinekeplatz immer der schönste Kiez-Treffpunkt.

Auf dem Marheinekeplatz findet samstags und sonntags ein bunter Trödelmarkt statt. ©Anja Meyer

 

Marheineke-Markthalle

Vom Obst- und Gemüsehändler über den einfachen Bäcker, die Schneiderei und einen gut sortierten Buchladen bis zur italienischen Feinkost bekommt man hier einfach alles. Man kann ausgefallene Käsesorten bei Knippenbergs probieren und für Geburtstage schnell noch einen schönen Blumenstrauß kaufen. Nach dem Einkauf macht es besonders viel Spaß, sich beim Franzosen Le Bretagne ans Fenster zu setzen, einen Cappuccino und das leckerste Pain au chocolat Berlins zu bestellen und durch die Scheibe das bunte Treiben draußen zu beobachten.

 

Videodrom

Ja, in Zeiten von Netflix und Co sind Videotheken nicht mehr wirklich gefragt. Umso schöner, dass sich das Videodrom noch immer hält. Graf Haufen und seine Mitarbeiter der angeblich ältesten Programmvideothek Berlins haben gefühlt alle Filme aller Genres gesehen, vom Monsterfilm über Film Noir bis zu Arthouse und neuen Kinoproduktionen. Auf der Suche nach Empfehlungen für einen Filmabend haben sie immer gute Tipps und raten schonmal von schlechten Filmen ab. Die Zehnerkarte wird mit zum ausgeliehenen Film passenden Motiven gestanzt.

 

Kims Karaoke Bar

Hinter den Touristenströmen, die vor dem Curry 36 und Mustafas Gemüsedöner am Mehringdamm Schlange stehen, geht es durch den Hinterhof in eine der unprätentiösesten und schlichtesten und deshalb auch wieder auf ihre Weise charmantesten Karaoke Bars der Stadt: Kims Karaoke. Die Karaoke-Bar mit den kleinen Tischgruppen vor der Bühne ist ein koreanischer Familienbetrieb, deren Gäste anfangs hauptsächlich Koreaner waren, die sich nach Feierabend beim Singen entspannt haben. Heute wird die Bar von den verschiedensten Singfreudigen besucht, die Stammgäste verabreden sich zu Duetts von Bonnie Tyler und Co. Ab März ist allerdings auch hier Schluss. Mieterhöhung und so.

 

Bergmannstraße

Auch wenn es verkehrstechnisch häufig ein heilloses Durcheinander zwischen Autos, Fahrrädern und Fußgänger auf der Bergmannstraße gibt und die Straße ziemlich überlaufen ist, ich mag die Flaniermeile mit den vielen kleinen Cafés und Restaurants. Es gibt an jeder Ecke Essen – von Vietnamesisch und Thai über Sushi, Döner und Griechisch bis zu mediterraner Feinkost. Dazu ein Trödel durch kleine Läden mit antiken Möbeln und Geschirr. Außerdem findet man auf der Bergmannstraße alles, was man schnell mal so brauchen kann: Eine kreative Geburtstagskarte im Ararat oder sonstigen Nippes.

Entlang der Bergmannstraße lässt es sich fabelhaft stöbern. © Anja Meyer

 

Viktoriapark

Ein paar Meter laufen und schon ist man im Viktoriapark, für mich einer der schönsten und interessantesten Parks in der Stadt – mit kleinem Wasserfall und weiten Wegen zum Spazierengehen. Zum Schluss kann man sich auf den Kreuzberg setzen und eine tolle Aussicht über Berlin genießen.

 

Ach, und dann gibt es noch den Chamissoplatz, den ich vermissen werde. Das Yorck-Kino, das Rauschgold, den Späti Aqua, die perfekte Verkehrsanbindung durch die U7 und die U6 und, und, und. Aber ich darf mich nicht beschweren, denn nun geht es in den Schillerkiez. Auch da gibt es viel zu entdecken. Und in einer knappen Viertelstunde bin ich mit dem Fahrrad ja auch wieder im Bergmannkiez.

Foto Galerie

Marheineke Markthalle, Marheinekeplatz, 10961 Berlin

Telefon 030 61286146

Webseite öffnen


Montag bis Freitag von 08:00 bis 20:00 Uhr
Samstag von 08:00 bis 18:00 Uhr

Die Marheineke-Halle ist ein geschichtsträchtiges Unikat im Kiez.

Die Marheineke-Halle ist ein geschichtsträchtiges Unikat im Kiez.

Weitere Artikel zum Thema

Party
Top 10: Clubs in Kreuzberg
Bis Ende des letzten Jahrzehnts war Kreuzberg ein Stadtteil mit vielen guten Kneipen, aber nur […]
Wohnen + Leben
In die Badstraße ziehen? Unbedingt!
Billigmeile, Geschäftstreiben, Multikulti: So lässt sich die Badstraße im Wedding am besten beschreiben. Von aufstrebenden […]
Wohnen + Leben
So schön kann Plattenbau sein
Das kleine Nikolaiviertel ist ein architektonisches Kleinod. Was viele nicht wissen: die schönen Häuser stammen […]