Ein graues Hochhaus zwischen viel Grün: unscheinbar, aber mitten in Kreuzberg. 190 Menschen wohnen in der Blücherstraße 26/26a. Dirk Keitel kennt so gut wie jeden von ihnen. Der 51-Jährige ist hier seit fünf Jahren Hausmeister. Und, was heute selten geworden ist, er bewohnt auch selbst eine Wohnung in dem früheren Seniorenheim. Von den 116 Wohnungen sind fast die Hälfte an Berliner „Altmieter“ vergeben: an Menschen wie Keitel, an Senioren, Künstler oder Punks. Die andere Hälfte der 1-Zimmer-Wohnungen bewohnen seit über einem Jahr Flüchtlinge und Asylsuchende.
Aziza Hossaini und Salsaal Ezatullah sind vor einem Jahr aus Afghanistan geflohen. Das junge Paar hat eine zehn Monate alte Tochter. Weil Ezatullah in einer Firma arbeitete, die mit dem amerikanischen Militär zusammenarbeitete, bedrohten die Taliban ihn und seine Familie. Seit sechs Monaten wohnen sie im Heinrich-Plett-Haus. „Es ist schöner hier als in den Erstaufnahmeeinrichtungen“, sagt Ezatullah. Auch wenn sie zu dritt in einem Zimmer leben, sind sie immerhin selbstständig: Sie haben eine eigene Kochnische und ihr eigenes Bad. Ezatullah will in Deutschland als Physik-Lehrer arbeiten. In Afghanistan hat er darin schon drei Jahre Berufserfahrung.
Senioren mussten sich an Familientrubel erst gewöhnen
„Das Gute ist, dass die Leute hier gleich ein Bild bekommen, wie es sich in einem Mietshaus in Berlin lebt“, sagt Hausmeister Dirk Keitel. Weil das halbe Haus leer stand, war es früher sehr leise. Gerade für die Senioren im Haus war es eine Umstellung, als es letztes Jahr belebter wurde und Familien einzogen, erzählt Schirmer. Bei der Mietersprechstunde im Haus können Mieter ansprechen, wenn es ihnen zu laut ist.
Dann vermitteln Hubold und seine Kollegen. „Wir sagen den Familien auch, dass sie an ihre älteren Nachbarn denken sollen.“ Das funktioniert: „Das Zusammenleben im Haus läuft bisher richtig gut“, sagt Hubold. Um langfristig Perspektiven zu bieten, bildet der Verein seit August außerdem auch Flüchtlinge aus dem Heinrich-Plett-Haus als Pflegekräfte für ältere Menschen aus.
Niemand verstand die Abschiebung des serbischen Ehepaars
Eine andere Geschichte hat die 47-jährige Indira Muratovic aus Bosnien. Sie spricht perfekt Deutsch, ihre Schulzeit verbrachte sie in Österreich. Seit Februar wohnt sie mit ihren drei Kindern in einem Zimmer des Hauses. „Wir sind sehr zufrieden, auch wenn es eng ist.“ Muratovic ist Muslim-Roma und hat in Bosnien Ausgrenzung, Gewalt und Armut erfahren. Nun sind ihre Kinder in einer Kreuzberger Willkommensklasse untergebracht und kommen gut mit.