Für das Interview schlägt Thomas Knauf das Café Hilde an der Prenzlauer Allee, Ecke Metzer Straße vor. Hier bekommt er den Tee ohne vorherige Bestellung und sein Hund Struppi lässt sich zielstrebig auf dem Sofa nieder. Der 61-jährige Autor ist offensichtlich schon lange im Prenzlauer Berg zuhause – und hat deswegen einen unverstellten Blick auf seinen Kiez, der nichts verklärt und nichts übertreibt. In den Siebzigerjahren zog es den gebürtigen Hallenser in den Ost-Berliner Stadtteil, zur Jahrtausendwende kehrte er nach zehnjähriger Abwesenheit dorthin zurück.
Thomas Knauf hat viel geschrieben, zunächst vor allem Drehbücher, später auch Zeitungsartikel, etwa für die Wochenzeitschrift „Freitag“. Nun hat er sich einem neuen Genre zugewandt und einen langfristigen Vertrag für eine Reihe mit Prenzlauer Berg-Krimis abgeschlossen. Die ersten beiden Teile, „Der Golem von Prenzlauer Berg“ und „Berliner Weiße mit Schuss“, sind bereits erschienen. Für Knauf lag es dank seiner langen Kenntnis des Stadtteils nahe, über Prenzlauer Berg zu schreiben – langwierige Recherchen entfielen. Trotz des anhaltenden Trends zur Regionalisierung war diese Gegend Berlins überraschenderweise noch ein fast weißer Fleck auf der Krimi-Landkarte.
Ein Philanthrop im Kollwitzkiez
Wie in den Regional-Krimis üblich, erkennt der ortskundige Leser auch in Knaufs Romanen viele Orte wieder. Deren ‚Held‘ John Klein ist ein recht bodenständiger Privatdetektiv, eher Philanthrop denn Choleriker, der sich die meiste Zeit mit Ehescheidungen oder säumigen Schuldnern herumschlagen muss – nur um sich dann unverhofft doch einem Kapitalverbrechen gegenüberzusehen. Menschliche Schwächen sind Klein nicht fremd: „Mein Detektiv ist kein Schlaumeier, der irrt sich permanent“, sagt Knauf. Im Kollwitzkiez, zwischen Metzer Straße, Wasserturm und der Synagoge in der Rykestraße spielt sich ein Großteil des Geschehens im „Golem von Prenzlauer Berg“ ab.
„Es ist erstaunlich, wie wenig von Berlin man nutzt“, findet Knauf. Dabei hat der Autor durchaus einiges an seiner eigenen Wohngegend auszusetzen. Zum Guten habe sie sich eher nicht gewandelt. Dass die Mieten gestiegen sind, ist Allgemeinwissen. Doch der Kiez sei auch eine Schlafstadt geworden, viele Kneipen und Restaurants seien leer. Ein bisschen langweilig findet er es, doch „am Ende der DDR war hier auch tote Hose“, erzählt Knauf. Überhaupt mag der Krimiautor den Kiez trotz allem und hat nicht die Absicht, umzuziehen: „Ich wohne hier, weil ich hier eine preiswerte Wohnung habe.“
Wasserturm und Rumbalotte
Ein toller Ort im Kiez sei der Wasserturm. Zur Backsteinrotunde und der schönen Wiese zieht es den Schriftsteller häufig mit seinem Hund. „Man hat einen schönen Blick über die Stadt“, sagt Knauf. Für einen Kaffee oder ein bezahlbares Frühstück empfiehlt er die Bäckerei Kollwitz in der Sredzkistraße. Sie sei eine günstige Alternative zu Läden wie Anna Blume oder Sowohl als Auch und interessante Menschen träfe man dort ebenfalls. Betrieben wird das Café vom Bruder des Grünen-Politikers Özcan Mutlu.
Zieht es Thomas Knauf zum Abendessen ausnahmsweise außer Haus, geht er häufiger ins Paparazzi an der Ecke Danziger/Husemannstraße, wo es ziemlich gute hausgemachte Pizza und Pasta gebe. Im Anschluss kehrt er manchmal noch in die selbsternannte ‚Kulturspelunke‘ Rumbalotte ein. Diese liegt unweit vom Ort unseres Interviews in der Metzer Straße 9 und gehört dem Lyriker Bert Papenfuß, der auch Mitbetreiber des Kaffee Burger ist. In der Rumbalotte trifft man laut Knauf auf „alt gewordene Revoluzzer und Dichter“. Der Autor schätzt die skurrilen Lesungen, russischen Filme und die laute Musik, doch „in Ruhe reden kann man da nicht.“
Und wird es Knauf in seinem Kiez doch einmal zu eng, zieht es ihn mit Struppi in den nahen Volkspark Friedrichshain – denn der sei ein „Paradies für Hunde“.
Thomas Knaufs erste zwei Prenzlauer Berg-Krimis „Der Golem von Prenzlauer Berg“ und „Berliner Weiße mit Schuss“ sind im Bebra Verlag erschienen.
Lesen Sie nächste Woche in unserer Reihe „Berliner Persönlichkeiten zeigen ihren Kiez“: Modedesigner Sebastian Ellrich