Das Storytelling-Event „Kumsitz“ des seit fünf Jahren in Berlin lebenden Journalisten Tony Andrews will eine alte jüdische Tradition wiederbeleben. Im Kern geht es darum, Menschen zusammenzubringen und sich einem bestimmten Thema musikalisch und erzählerisch zu nähern. Zur Premiere wurde am 22. August ins Kulturzentrum Wasserturm geladen, Thema des Abends waren „Grenzen“, politische, körperliche aber auch emotionale. Fünf Geschichten hat Andrews für seine abendliche Performance, einer Mischung aus Journalismus und Theater, zusammengetragen – und was sich zunächst ziemlich abstrakt und etwas leblos anhört, wird durch einen beeindruckenden Bühnen-Monolog zum berührenden Erlebnis.
Ans Herz gehende Geschichten
Jede Geschichte, die Andrews auf beeindruckende Weise mit dem Gestus und im Sprachrhythmus des jeweiligen Erzählers wiedergibt, wird von einem kurzen, sachlichen Exkurs zur jeweiligen Problemstellung abgerundet. So erfährt man beispielsweise, dass Ungarn in den 80er Jahren die welthöchste Selbstmordrate verbuchen musste oder dass es an deutschen Krankenhäusern keinen Bereitschaftsdienst für Dolmetscher gibt. Darüber hinaus sorgen wirklich fantastische Musiker mit Gesang, Cello, Schlagzeug, Gitarre und Keyboard sowie thematisch abgestimmten Songs für emotionale Denk-Pausen zwischen den fünf Geschichten des Abends.
Mindestens ebenso erwähnenswert sind die beiden Dolmetscherinnen Oya Ataman und Mira Esther Weischet, die den Monolog des Laien-Schauspielers Andrews für gehörlose Zuschauer in Gebärdensprache übersetzen. Und das so eindringlich, dass man sich als Zuschauer oft nicht entscheiden kann, ob man seinen Blick lieber auf Andrews oder die jeweilige Dolmetscherin lenken soll. Das Ende der Vorstellung markiert dann auch ein kleiner Einführungs-Kurs in die Gebärdensprache. Die dafür notwendige Raum-, Blick- und Mimik-Offenheit stellt einen schönen Kontrast zu den Grenzerfahrungen der vorausgegangenen zwei Stunden dar.
Am 26. August um 20.30 Uhr habt ihr noch einmal die Gelegenheit, beim Storytelling-Event Kumsitz im DTK Wasserturm dabei zu sein. Über weitere anstehende Termine könnt ihr euch hier informieren.