Robyn und André kommen aus Neuseeland, sind schon lange befreundet und leben seit vier Jahren in Neukölln. Klar, dass ihnen als Zugezogene bald auffiel, was in der Stadt noch fehlt. André fand es komisch, dass es im „Land des Bieres“ kaum Bierspezialitäten gab. „Ich musste immer nach Prenzlauer Berg oder Friedrichshain fahren, um mein Lieblingsbier zu kaufen“, erzählt er. Seine Kollegin Robyn hatte beim Urlaub in der Heimat einen ähnlichen Gedanken: „Dort habe ich erst gemerkt, wie viel mehr Bier es in Neuseeland gibt. Da gibt es überall kleine Brauereien. Bis dahin hatte ich ganz vergessen, dass mir das in Berlin gefehlt hat.“
Um im eigenen Kiez nicht mehr auf das geliebte Getränk verzichten zu müssen, gibt es jetzt „Lager Lager“. Dort verkaufen Robyn und André experimentell und von unabhängigen Brauereien hergestellte Biere. Etwa die Hälfte kommt aus der Region, zum Beispiel aus der nahen Berliner Berg Brauerei. Die andere Hälfte stammt aus Dänemark, Belgien, Estland oder Australien.
Nun boomt die Craft Beer Szene in Berlin und auch ein Laden für internationale Biere wäre nichts Besonderes. Hätte er nicht etwas, das es sonst nirgends gibt: die Growler.
Hier gibt es sogar, was es nicht gibt: Fassbier in der Flasche
Denn im „Lager Lager“ füllt man frisches Bier zum Mitnehmen ab. Viele kleine Hobbybrauer produzieren schließlich nur im Fass und ungewöhnliche Biere gibt es nicht immer in der Flasche. Also kann man in der Pflügerstraße sogenannte Growler – Biergefäße aus Glas oder Plastik – kaufen und immer wieder befüllen lassen. Die gibt es in verschiedenen Größen, zwischen 0,75 und zwei Liter. Insgesamt stehen dafür acht ständig wechselnde Biere zur Auswahl. Die man natürlich vor der Füllung probieren darf.
Allet schon jesehn: Berliner Zapfkultur
In den USA oder Neuseeland ist das Prinzip weit verbreitet. Dort füllen auch Bars mitgebrachte Gefäße. Ganz neu ist das aber auch für Berliner nicht. Früher konnte man hier dem Wirt des Vertrauens eine eigene Flasche unter die Nase halten und sie voll wieder mitnehmen. Das haben Kunden älterer Semester den beiden Neuseeländern erzählt.
Im Reuterkiez hat die Nachbarschaft jedenfalls schnell Gefallen an der Methode gefunden. Obwohl es „Lager Lager“ erst seit ein paar Wochen gibt, hat es schon Stammkunden. Viele Bierliebhaber freuen sich über besondere Rezepturen, weiß André und dass auch der typische Pils-Experte offen für Neues ist.
Im kommenden Jahr werden auch Verkostungen im „Lager Lager“ stattfinden. Wenn die Tische und Stühle dafür stehen, wird die Location in den Abendstunden zur Bar. Nur für den Fall, dass man das Fassbier eben doch mal ganz traditionell vor Ort trinken möchte.