Umweltschutz-Projekt

Gegen Plastik: Kreuzbergs neuer (Leitungs-) Wasserkiez

An einem Stromkasten hängen Plakate als Werbung für Veranstaltungen, vorn ein Plakat mit dem Slogan "Überrasche Deine Leber - Trink Wasser" vom gemeinnützigen Verein a tip:tap.
Der Verein "a tip: tap" setzt sich dafür ein, dass Berliner und Berlinerinnen Leitungswasser trinken statt auf Getränke aus Plastikflaschen zu setzen.
Trinkst du Leitungswasser? Wenn nicht, solltest du dir mal die Argumente von "a tip: tap" anhören. Der Verein setzt sich für die Berliner Rohrperle und gegen Wasser aus Plastikflaschen ein. Er hat ziemlich gute Argumente und in Kreuzberg sogar einen eigenen Wasserkiez ausgerufen.

Angefangen hat alles mit ein paar Studierenden, die sich bei einigen Gläsern Wein und Leitungswasser gefragt haben, wie man die Welt ein bisschen besser machen könnte. Und warum eigentlich Menschen viel Geld für Wasser bezahlen, das monatelang in Plastikflaschen lagert, obwohl es in Berlin in bester Qualität auch frisch aus dem Hahn läuft. Schon war die Idee zu a tip: tap (heißt so viel wie „ein Tipp: Leitungswasser“) geboren.

Was Flaschenwasser in Berlin anrichtet

„Stell dir vor, du könntest die Welt dadurch retten, dass du faul und sparsam bist“, steht auf einem Info-Flyer des Vereins. Denn wer Leitungswasser trinkt, spart im Jahr hunderte Euro, CO2 und Plastikmüll gegenüber dem Durstlöscher, der in Plastikflaschen zum Beispiel aus Frankreich herangekarrt wird. Nicht zu vergessen den Muskelkater durch das Schleppen von Wasserkästen. Krasse Zahlen: Ein Mensch konsumiert in Deutschland im Schnitt 147,7 Wasserflaschen pro Jahr, 70 Prozent davon sind Einwegflaschen aus Plastik. Würde ganz Berlin auf Leitungswasser umsteigen, würden neben viel Müll auch rund 100.000 Tonnen Kohlenstoffdioxid eingespart.

Seit 2011 bringt a tip: tap dieses und noch mehr Wissen offiziell unter die Berliner und Berlinerinnen. Ein Jahr später hat der Verein erreicht, dass ein Kiezbrunnen in der Neuköllner Weserstraße Passanten mit frischem Wasser versorgt. Und es sollen immer mehr werden, an öffentlichen Orten und in Berliner Schulen. Zur Vereinsarbeit von a tip: tap gehören nämlich auch Aufklärungsarbeit zum Thema in Schulen und Kindergärten, politische Lobbyarbeit und das Projekt Refill Berlin für mehr kostenloses Trinkwasser in der Stadt. Ganz aktuell ist der Wasserkiez. Das steht kurz für Leitungswasserfreundlicher Mariannenkiez, schließt also das Gebiet von der Skalitzer Straße bis zum Leuschner- und Erkelenzdamm und vom Bethaniendamm bis zur Spree ein.

Die Vereins-Maskottchen Tropfi und Tropfine vor dem Bethanien.

„Wir wollen möglichst alle Plastikflaschen aus dem Kiez rauskicken und für alle einen einfachen Zugang zu Leitungswasser erreichen. Das ist unsere große Vision“, erklärt Projektleiter Julian Fischer. Noch bis Oktober 2019 legt a tip: tap den Fokus auf das Kreuzberger Gebiet. Warum da? „Weil es hier schön ist, bunt und vielfältig“, sagt Julian. Dass das Quartiersmanagement rund um den Mariannenplatz hier mit rund 65 Prozent einen hohen Anteil an Bewohnern zählt, die einen Migrationshintergrund haben, mache sich außerdem im Wasserkonsum bemerkbar. In den Supermärkten und Spätis gehen viele Plastikflaschen über den Tresen. Das könne daher kommen, dass einige Bewohner nicht wissen, wie gut die Qualität des Berliner Leitungswassers ist oder daran, dass man sich mit einer Flasche aus dem Markt auch ein bisschen Geschmack aus der Heimat nach Berlin holen kann. Er habe aber auch gemerkt, dass Anwohner hier oft „esoterisch“ gegen das Trinken von Leitungswasser argumentieren – weil das gereinigte Wasser in seiner Struktur nicht mehr natürlich und durch die Wiederaufbereitung hormonell belastet sei.

Wenn’s bei dir läuft

Alles Quatsch, wie wir lernen. Um die Qualität des bestens kontrollierten Leitungswassers zu beweisen, hat a tip: tap gemeinsam mit den Berliner Wasserbetrieben Wasserproben aus 70 Haushalten im Kiez untersucht. Julian erstellt gerade eine Karte, auf der man die Ergebnisse einsehen kann. Er weiß aber ohnehin: Wenn das Wasser vom Hahn durch Eisen oder Blei belastet ist, dann liegt das nicht am Trinkwasser, sondern an veralteten Rohren in den Häusern. Denn das Berliner Wasser wird ständig auf 56 chemische, biologische und physikalische Parameter getestet. Mineralwasser dagegen nur auf 17.

Auch der Geschmack sei selten ein Argument für Wasser aus der Plastikflasche. Das zeigte eine Blindverkostung, die Wasserkiez zum Start der Initiative im Februar in der Markthalle Neun durchgeführt hat. Das Ergebnis: Zwei Dritteln der Befragten schmeckte das Berliner Leitungswasser besser oder genauso gut wie das Mineralwasser aus der Flasche.

Mobile Wasserstation von "a tip: tap" mit Minz-Leitungswasser.

Wer noch mehr Argumente braucht, um auf die Berliner Rohrperle umzusteigen, der kann sich jederzeit an Julian und seine Kollegen von a tip: tap wenden. Die findet man immer mal wieder an Infoständen, unter der Woche im Social Impact Lab in der Muskauer Straße und natürlich auf der Homepage zum Wasserkiez online. Unternehmen werden auch vor Ort kostenfrei beim Umstieg auf Leitungswasser unterstützt. Denn Julian weiß: „Manchmal ist es wichtiger, mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen schöne Karaffen auszusuchen, als sachlich zu berechnen, was im Leitungswasser drin ist und wie viel dadurch gespart werden kann.“ Also ran an die Karaffe und lass es dir umweltfreundlich schmecken!

Social Impact Lab, Muskauer Straße 24, 10997 Berlin

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