Markus Münch freut sich: Beim Informationsabend im Familienzentrum in der Kreuzberger Nostitzstraße haben sich über 20 Mütter und Väter eingefunden, doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Sie alle haben Interesse, ihren Nachwuchs ab nächstes Jahr auf die Lenau-Grundschule zu schicken – gruppenweise. Es wäre schon der dritte Jahrgang, bei dem versucht wird, eine bessere Mischung von Kindern aus bildungsbewussten und bildungsfernen Elternhäusern in den Klassen hinzubekommen, von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund. „Eine Mischung, die dem Kiez entspricht“, sagt Fördervereinsmitglied Münch, dessen Sohn 2010 auf dieselbe Weise eingeschult wurde.
Bisher spricht vieles dafür, dass die Gruppeneinschulung ein Erfolgsmodell wird. Vor einigen Jahren noch, sagt Schulleiterin Karola Klawuhn, seien zu viele Kinder aus bildungsfernen Familien gekommen, für viele Kinder war Deutsch nicht Muttersprache. Dies führte zu einem Fernbleiben bildungsbewusster Eltern. 2010 jedoch initiierten Eltern, die sich auf dem Spielplatz kennengelernt und über die Lenau-Schule gesprochen hatten, das neue Modell. Sie entschieden, ihre Kinder zusammen anzumelden und damit sicherzugehen, nicht alleine dazustehen.
Viele Eltern, deren Kinder seit ein oder zwei Jahren von der Idee profitieren, berichten an diesem Abend, wie sich alles entwickelt hat. „Sehr glücklich“, sei man mit der Schule, sagen sie, das Konzept sei „schlüssig und durchdacht“. Die Kinder hätten Freunde gefunden und gingen gerne zur Schule. Und es würden bereits weitere Vorteile der Gruppeneinschulung sichtbar: Eltern und Kinder trafen sich schon vor der Einschulung zwanglos auf dem Spielplatz oder im Garten, machten sich bekannt. „Die Kinder haben Ruhe, sich auf die neue Situation einzustellen“, sagt Münch. Und die Elternschaft sei miteinander in Kontakt.
Eine Mischung für alle
Schulleiterin Klawuhn geht heute vor allem auf die Fragen der Neuen ein. Die Atmosphäre an der Schule sei „spürbar“ besser geworden, sagt sie. Von der neuen Mischung würden alle Kinder profitieren: Die gut geförderten bekämen Einblick in die soziale Wirklichkeit im Kiez, benachteiligte könnten sich an den stärkeren Schülern orientieren. Es ginge jedoch nicht darum, „deutsche“ Klassen einzurichten, erläutert Klawuhn. Die Kinder des aktuellen Jahrgangs kämen beispielsweise aus deutsch-japanischen, thailändischen, türkischen oder serbischen Elternhäusern. Eine Gruppe besteht aus bis zu zwölf Kindern. Ein großer Vorteil: Bislang konnten alle, die gruppenweise eingeschult werden wollten, untergebracht werden
Das Fernziel der Schule ist, dass die Gruppen irgendwann überflüssig werden – weil die Mischung von selbst funktioniert. So weit sei man jedoch noch nicht, sagt Klawuhn: „Vorerst hoffe ich, dass die Gruppen ein Selbstläufer werden.“ Danach sieht es an diesem Abend aus: Auf die Frage, wer Interesse habe, seine Kinder an der Lenau-Schule anzumelden, heben sich zahlreiche Hände.