Denkmal kehrt nach Berlin zurück

Lenin wird wieder ausgegraben

Erst vergraben - jetzt soll er wieder ausgegraben werden: Lenins Kopf. Aber erst einmal muss er gefunden werden.
Erst vergraben - jetzt soll er wieder ausgegraben werden: Lenins Kopf. Aber erst einmal muss er gefunden werden.
Zitadelle Spandau - Goodbye Kiesgrube, hello Ausstellung: Das nach der Wende abgerissene Lenin-Denkmal kommt nach Berlin zurück - für eine Ausstellung. Aber erst muss man es mal finden.

Hunde nützen leider auch nichts. Die normalen, unausgebildeten sowieso nicht, die einfach bloß auf dem Boden schnüffeln und dann an irgendeinem Stamm das Bein heben. Aber auch ihre vierbeinigen Kollegen nicht, die Spezialisten bei der Polizei. Alles Mögliche können die erschnüffeln, Drogen, Sprengstoff, Leichen sogar. Aber rötlichen ukrainischen Granit, den finden sie nicht. Also würden sie auch den ollen Lenin nicht finden. Obwohl der 19 Meter lang ist, wahrscheinlich alles im allem sogar noch länger. Er liegt da unter der Erde der Seddiner Heide ja in 129 Einzelteile aufgespaltet.

Viel Spaß also beim Suchen und Buddeln! Immerhin, es ist ja nun erlaubt, man darf den russischen Revolutionär ausgraben, jedenfalls, wenn man ihn gefunden hat. Der Senat für Stadtentwicklung hat offiziell den Daumen gehoben, Lenin darf in der Spandauer Zitadelle präsentiert werden, in der Ausstellung „Enthüllt. Berlin und seine Denkmäler“, wie Daniela Augenstern, Sprecherin von Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD), am Sonnabend bestätigte.

Die Kosten übernimmt der Bezirk

Bemerkenswert genug, immerhin hatte sich dieselbe Senatsverwaltung, genauer gesagt: das untergeordnete Landesdenkmalamt, bis vor kurzem geweigert, den Koloss in die Zitadelle transportieren zu lassen. Technische, finanzielle und denkmalschützerische Gründe mussten herhalten für die Begründung. „Es gab in der Vergangenheit ein paar Bedenken“, sagt Sprecherin Augenstern. Einer der Punkte war der Hinweis, dass man ja nicht genau wisse, wo der historische Steinhaufen liege. Dabei waren die Denkmalschützer von Anfang an in die Planungen eingebunden.

Ob die einzelnen Bedenken jetzt völlig ausgeräumt sind, ist nicht klar. Aber zumindest die finanziellen Gründe bilden kein Hindernis mehr. Und das war auch der Hauptgrund für den Kursschwenk. „Der Bezirk Spandau hat sich bereit erklärt, die Kosten für das Ganze zu übernehmen“, sagt Sprecherin Augenstern. Was bedeutet: Die Kosten fürs Ganze? Alle Kosten? Augenstern: „Der Bezirk sagt, er trage die Kosten. Damit sind ja wohl alle Kosten gemeint.“ Also Suche, Ausgrabung, Transport und was sonst noch so anfällt. Wie hoch die Kosten sind, kann sie nicht sagen. Der Etat der gesamten Ausstellung beträgt 14 Millionen Euro. „Alle Beteiligten müssen jetzt gemeinsam einen tragbaren Weg finden.“

Erinnerungen an die „Schatzinsel“

Doch nun kommt der Part, der an die Expedition in Robert Louis Stevensons Roman „Die Schatzinsel“ erinnert. „Zeitnah“, sagt Augenstern, würden sich die Experten zusammensetzen, um alles zu organisieren. Zu dieser Runde gehört natürlich das Landesdenkmalamt. Und dann die Berliner Forsten, logisch, die Puzzlestücke von Lenins Denkmal liegen ja auf der Halbinsel zwischen Seddinsee und Großer Kampe. Irgendwo unter Bäumen. Und der Bezirk Treptow-Köpenick ist vertreten, auch klar, denn die verbuddelte Ikone der Kommunisten liegt in diesem Bezirk. Und der Bezirk Spandau hockt selbstverständlich auch dabei, er bezahlt ja die ganze Chose.

Der erste Tagesordnungspunkt liegt nahe: Wo liegt dieser Steinhaufen eigentlich genau? Am 8. November 1991 stand das Denkmal noch auf dem früheren Leninplatz (heute: Platz der Vereinten Nationen) in Friedrichshain. An diesem Tag wurde es aber schon eingezäunt. Am 13. November hob ein Kran Lenins Kopf, immerhin dreieinhalb Tonnen schwer, ab. Der Kopf bildete eine Art Vorhut. Auf einem Sattelschlepper landete er in dem Waldstück in der Seddiner Heide. Die Nachhut bildeten die übrigen Einzelteile. Über den Umquartierten schütteten Arbeiter Sand, auf dass niemand auf die Idee komme, an den Einzelteilen den Meisel anzusetzen.

Dumm nur, dass inzwischen rund 20 Jahren vergangen sind und die Natur auch in der Seddiner Heide ganz prächtig wuchert. Hier sieht inzwischen alles anders aus als vor 20 Jahren. Aber zumindest kann man den Fundort eingrenzen. Irgendwo in dem Areal steht ein länglicher Erdhaufen, sogar eingezäunt, viel spricht dafür, dass hier, unter Kräutern, Blumen und Büschen, der Verschollene liegt. Möglich also, dass ein paar Experten sich nicht ganz so informiert gegeben haben wie sie vielleicht sind. Kann ja sein, dass sie vergleichsweise ahnungslos auftraten, um einen weiteren Grund dafür zu haben, den Transport nicht zu genehmigen.

Die Schatzsucher haben noch Zeit

Ein bisschen Zeit haben die wissenschaftlichen Schatzsucher ja noch. Die Ausstellung soll im Frühjahr 2015 eröffnen, und wenn Lenin in Form seines Kopfes oder sogar komplett in der Zitadelle steht, dann wird sich auch Gregor Gysi wieder beruhigt haben. Der Fraktionschef der Linken hatte lautstark gefordert, aus historischen Gründen „muss man Lenin zeigen und darf man sich mit ihm auseinandersetzen“.

Und Museumsleiterin Andrea Theissen hat gerne darauf verwiesen, „dass sich Klaus Wowereit bisher als großer Freund dieses Projekts zeigt“. Mag ja sein. Er ist ja auch noch Regierender Bürgermeister. Aber im Frühjahr 2015 interessiert sich kaum noch ein Mensch für seine Meinung zu Lenins Standort.


Quelle: Der Tagesspiegel

Zitadelle Spandau Museum für Stadtgeschichte, Am Juliusturm 64, 13599 Berlin

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Zieht jährlich auch als Open Air-Veranstaltungsort zahlreiche Besucher an: die Zitadelle Spandau

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