Exklusiv-Interview

Lala Berlin-Chefin Leyla Piedayesh: „Mehr denn je zählen im Moment Taten!“

Modedesignerin Leyla Piedayesh
Prägt die Berliner Modeszene seit 2004: Designerin Leyla Piedayesh.
Leyla Piedayesh ist eine der bekanntesten Modedesignerinnen der Stadt. Im Interview mit QIEZ erzählt sie, welche Konsequenzen die aktuelle Lage für ihr Label und ihren Arbeitsalltag mit sich bringt.

Seit über einer Woche dürfen nur noch lebensrelevante Geschäfte geöffnet haben, um die Ausbreitung des Covid-19 Virus in Berlin möglichst gering zu halten. Das bedeutet aber nicht nur für die Club- und Kulturszene, die Hotellerie und die Gastronomie, sondern auch die Modebranche große Verluste.

Leyla Piedayesh, die Gründerin und Kreativdirektorin des Berliner Contemporary Ready-to-Wear Labels lala Berlin, ist aus der Berliner Modeszene nicht wegzudenken: Seit 2004 überzeugen ihre Entwürfe nicht nur die Berliner*innen sondern auch Stars wie Heidi Klum oder Jessica Alba. Wir haben mit ihr gesprochen …

QIEZ: Merkst du die Auswirkungen der bisherigen Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19?

Leyla Piedayesh: „Natürlich geht die momentane Krise auch nicht spurlos an uns vorbei. Neben der Schließung unserer Boutiquen in Berlin und Kopenhagen ist natürlich auch unsere Firmenzentrale seit letzter Woche geschlossen, da wir in unseren überwiegend Großraumbüros den Mindestabstand von 1,5 Metern nicht einhalten können und wir in erster Linie die Gesundheit der Mitarbeiter nicht riskieren wollen, die zusätzlich täglich mit der Bahn zur Arbeit fahren. Wir alle lernen gerade neue Arbeitsweisen kennen und üben uns in der Isolation. Gleichzeitig nutzen wir die Technologie als Mittel, um in Verbindung zu bleiben. Nicht nur für das Unternehmen, sondern auch als Mittel zur Unterstützung jedes einzelnen Mitglieds der lala Berlin-Familie in dieser schwierigen Zeit.“

 

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

 

Ein Beitrag geteilt von lala Berlin (@lalaberlin) am Mär 24, 2020 um 5:29 PDT

Welchen Einfluss wird diese Schließung deiner Geschäfte auf dein Unternehmen haben?

„Im Moment können wir nicht absehen, wie lange die Läden geschlossen bleiben. Die Auswirkungen auf das Geschäft sind weitreichend, da sie nicht nur unsere eigenen Stores, sondern auch die Geschäfte aller unserer Großhandelskunden betreffen. Wir bewerten jede Woche die Situation neu und schauen, wie sich die Lage entwickelt. Wir machen keine langfristigen Pläne und bewahren damit in unruhigen Zeiten Ruhe und Kontrolle.“

Hilft der Online-Shop zur Überbrückung der Krisenzeit? Viele kleinere Modedesigner*innen haben keinen Online-Shop. Wie gefährlich kann so eine Schließung für andere Kolleg*innen aus Ihrer Branche sein? 

„Als tägliche Einnahmequelle besteht natürlich unser Online-Shop nach wie vor. Jedoch bemerken wir hier eine drastische Veränderung im Kaufverhalten, was absolut nachvollziehbar ist. Im Moment konzentrieren sich die Kunden – zu Recht – mehr auf den Kauf von Lebensmitteln und Gütern. Ich kann mir vorstellen, dass jede Marke oder jedes Label, deren Geschäft sich auf einen Markt oder einen Kanal konzentriert, die Auswirkungen von Ladenschließungen ganz akut spüren wird.“

Die Modebranche arbeitet mit vorproduzierter Ware, die ebenfalls vorfinanziert ist. Was bedeutet die jetzige Situation für den Saisonwechsel?

„Wir schieben die Auslieferungstermine und haben uns sogar komplett von einer Kollektion verabschiedet. Im Moment macht es überhaupt keinen Sinn, Kunden und Endverbraucher ein Überangebot an Ware zu präsentieren und unnötige Ressourcen zu verschwenden. In solchen Krisenzeiten beweist sich wieder einmal, dass nicht immer mehr gleich mehr bedeutet.“

Welche Faktoren spielen bei der Finanzierung und Produktion von Mode eine Rolle, die für den Laien nicht sichtbar sind? 

„Wir sind kein Fast Fashion Unternehmen. Eine Kollektion braucht seine Zeit. Im Moment arbeiten wir an der Frühjahr/Sommerkollektion für 2021, die Anfang nächsten Jahres in die Läden kommt. Wie bereits erwähnt, haben wir beschlossen, eine ganze Kollektion ausfallen zu lassen. Eine Kollektionserstellung dauert sechs bis zwölf Monate und natürlich entstehen in dieser Zeit Entwicklungskosten. Diese werden wir nicht mehr ausgleichen können. Unsere Philosophie war es, weniger, aber qualitativ hochwertiger zu produzieren – vor und nach der Krise wird diese Herangehensweise auch weiterhin der Schlüssel zu unserer Arbeitsweise bleiben. Es geht hierbei um effektiven Einsatz aller Ressourcen und die Wahrung einer Ethik.“

 

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

 

Ein Beitrag geteilt von lala Berlin (@lalaberlin) am Mär 18, 2020 um 8:49 PDT

Kennst du Initiativen, die in den letzten Tage ins Leben gerufen wurden, um konkret der Modebranche zu helfen?

„In Berlin gibt es zahlreiche Support Your Local DealerInitiativen und Gruppierungen, die beweisen, dass Menschlichkeit und Mitgefühl in dieser Krise das wahre Rückgrat der Gesellschaft sind. Natürlich kann man auch spenden, aber solange man dazu in der Lage ist, sollte man den Menschen in seinem Umfeld konkret durch Unterstützung im Alltag, sei es auch nur ein Einkauf für die älteren Nachbarn (zum Beispiel Zettel im Haus aushängen, um Einkaufslisten anzunehmen), behilflich sein. Mehr denn je zählen im Moment Taten mehr als Summen oder Worte.“

Glaubst du, dass die kommende Zeit Berlins Status der Modemetropole gefährden kann?

„Wir in Berlin haben hier einen starken, sozialen Zusammenhalt, der weit über den der Modebranche hinausgeht. Berlin als Stadt hat bereits eine Vielzahl an Krisen überlebt. Ich bin mir sicher, dass Berlin auch diese wirtschaftliche Krise überwältigen wird, auch wenn eine Saison mal ausfällt.“

Was würdest du deinen Kund*innen raten, wie sie dir und deinen Kolleg*innen helfen können?

„Durch tägliche Meditation habe ich gelernt, auf meine mentale und physische Gesundheit zu achten und negative Energien abzuwehren und immer das Positive zu sehen. Unsere Kunden haben sehr viel Verständnis dafür, dass wir alle im selben Boot sitzen. Die Kraft des positiven Denkens führt dazu, dass wir Entscheidungen in der Überzeugung treffen, dass diese Krise vorübergehen wird. Das Leben wird besser werden. Leider müssen wir uns der Tatsache stellen, dass viele Menschen ihr Leben verloren haben, sodass die Herausforderungen der Wirtschaft in diesem Moment für Familien, die mit dem Verlust von geliebten Menschen oder mit Gesundheitsproblemen konfrontiert sind, keine Konsequenzen haben. Wir werden weiterhin die Botschaft der Positivität an unsere Kunden in allen Kanälen unseres Unternehmens verbreiten. Wir bleiben flexibel gegenüber den Bedürfnissen unserer Kunden, die von schlimmen finanziellen Problemen betroffen sind. Der Aufbau auf einer Philosophie der Unterstützung unserer Gemeinschaft wird langfristige Stärke sowohl in der Wirtschaft als auch im Leben gewährleisten.“

Dankeschön für das Gespräch!

Lala Berlin, Alte Schönhauser Straße 3, 10119 Berlin

Festnetz 030 20095363

Webseite öffnen
E-Mail schreiben


Montag bis Samstag von 11:00 bis 19:00 Uhr

Weitere Artikel zum Thema

Freizeit + Wellness | Mode | Essen + Trinken | Kultur + Events
Top 10: Hipster Hotspots
Damit du nicht mehr mit dem Mainstream der Stadt abhängen musst, empfehlen wir dir zehn […]
Mode | Shopping + Mode | News
Top 10: Modelabels aus Berlin
Berlin hat eine Menge cooler und kreativer Designer*innen, deren Ideen die Modewelt spannender machen. Manche […]
Shopping + Mode | Interior
Top 10: Concept Stores in Berlin
Shoppen mit Erlebnischarakter – das ist die Idee der Concept Stores. Es geht nicht nur […]
Shopping + Mode
Dresscode – out oder angesagt?
Kleider machen Leute. Auch heute legen viele Menschen Wert auf eine gepflegte und passende Garderobe […]