Die Fangemeinde der jungen Designerin Lili Radu und ihrer bunten, geometrisch gemusterten Ledertaschen reicht mittlerweile bis in die USA. Was die gebürtige Frankfurterin an Berlin besonders mag, wie sie sich entspannt und wie die Zusammenarbeit mit dem eigenen Ehemann klappt, erzählt Lili Radu im QIEZ-Interview.
QIEZ: Du hast vor rund drei Jahren Frankfurt verlassen und lebst jetzt in Prenzlauer Berg. Kannst du die prägnantesten Unterschiede der beiden Städte benennen?
Lili Radu: „Frankfurt ist eine Business-Metropole, die auch sehr international ist, aber eben sehr auf Wirtschaft und Banken fixiert. Frankfurt ist, wenn man so will, eine größere Stadt und ein Dorf zugleich, man kann alles gut mit dem Rad erreichen. Diese Kombination hat sein ganz eigenes Flair. Aber Berlin ist mittlerweile absolut unsere Heimat, hier fühlen wir uns wohl. Berlin ist für den kreativen Prozess perfekt, überall leben Künstler, es gibt viele Restaurants, Bars, Museen, alles ist super inspirierend.“
Berlin quillt förmlich über vor jungen Kreativen, die mit kleinen und großen Labels hier ihr Glück versuchen. Du warst auch schon in Frankfurt extrem erfolgreich – warum bist du nicht gegen den Strom geschwommen und einfach in deiner Heimatstadt geblieben?
„Ich habe zwischendurch ja schon mal in Berlin gelebt, mein Label habe ich in Mailand gegründet und bin dann meinem Mann zuliebe wieder nach Frankfurt gezogen. Es hatte also eher private Gründe. Die Liebe zu Berlin war aber schon immer da, und als Patrick dann als Geschäftsführer ins Label eingestiegen ist, waren wir frei und konnten leben und arbeiten, wo wir wollten. Wir haben viele Freunde in Berlin, die Lebensqualität ist sehr hoch, es ist sehr international und einfach eine hochspannende Stadt, daher fiel die Entscheidung leicht.“
Zu deinen Kundinnen gehören, neben internationalen Promis, auch viele in Berlin lebende Damen wie Palina Rojinski und Hannah Herzsprung. Waren auch die ein Grund, Leben und Arbeit nach Berlin zu verlegen?
„Es ist auf jeden Fall von Vorteil, mit all den Schauspielern, Stylisten und Bloggern, mit denen ich zusammenarbeite, direkt vor Ort agieren zu können. Das war in Frankfurt schwieriger. Mittlerweile habe ich zu vielen meiner Kundinnen oder Kooperationspartnerinnen eine enge, freundschaftliche Nähe, man hilft einander – und viele tragen immer eine Lili Radu Tasche, das ist natürlich toll.“
Haben sich deine Taschendesigns verändert, seit du in Berlin lebst? Du hast der Hauptstadt ja bereits ein besonders buntes Modell gewidmet…
„Ja, genau, die Berlin Bag. Aber ich würde nicht sagen, dass sich meine Art zu designen grundsätzlich verändert hat, seit ich in Berlin lebe. Nach wie vor reisen wir viel, und sowieso ist ja jede neue Kollektion anders und die Designs entwickeln sich weiter. Aber ob die Stadt da einen Unterschied macht … (überlegt kurz) Vielleicht unterbewusst, das kann natürlich sein.“
„Berlin muss sich international besser platzieren“
Trotz des Hypes um Berlin scheint die Stadt auf dem Level der kleinen, alternativ-chaotischen Schwester von Modemetropolen wie Paris oder New York hängen zu bleiben. Zumindest gemessen an Events wie der Fashion Week wird der Stadt noch Aufholpotential bescheinigt. Trifft das deiner Meinung nach noch zu?
„Ich glaube schon, dass das stimmt. Berlin wird zwar immer mehr zur Fashion-Stadt, aber im Vergleich zu Mailand oder Paris, die ja immer Modemetropolen waren, ist der Fokus hier noch nicht so stark auf internationalem Design und entsprechenden großen Events. Auch die Berliner Fashion Week hat ja einen etwas schwierigen Stand. Hier ist auf jeden Fall noch Potential, an dem alle Beteiligten, die Designer, die Wirtschaft, auch die Stadt, zusammenarbeiten müssen. Wir sind zum Beispiel Teil des Berliner Salons, einem Zusammenschluss von rund 40 jungen Modedesignern, die als Plattform zur Förderung von deutschen Designs dienen soll. Initiativen wie diese sind wichtig, um Berlin international besser zu platzieren.“
Du legst viel Wert auf Leder „höchster Qualität“ und lässt deine Taschen von Hand in Istanbul fertigen. Auf Öko- und Biosiegel verzichtest du aber. Fragen viele Kunden genauer nach, wo das Leder herkommt? Schließlich wird vor allem in Städten wie Berlin die Nachfrage nach ethisch und sozial korrekten Produkten immer größer …
„Unser Leder kommt aus Italien und der Türkei, und richtig, dort wird alles handgefertigt. Es gibt schon viele Leute die nachfragen und mehr zum Produkt wissen wollen. Und wir können ihnen versichern, dass das Leder aus besten Quellen kommt, die der Kunde auch nachvollziehen kann. Wir sind da sehr transparent, auch ohne ein Siegel. Und ich mag es, dazu mit Leuten ins Gespräch zu kommen, das ist ja auch Teil unseres Marketings, dass wir zu unseren Taschen etwas erzählen können.“
Wohin gehst du, wenn du mal Abstand brauchst vom Arbeitsstress? Gibt es Lieblingsorte?
„Was mein Mann und ich am meisten genießen, sind lange Spaziergänge durch Prenzlauer Berg und Mitte. Dadurch, dass wir auch zusammenarbeiten, versuchen wir, zwischendurch immer mal zusammen Ruhe zu finden. Das muss kein bestimmter Ort sein, wir laufen einfach los und schauen, was wir entdecken. Und das ist ja das Schöne an Berlin, man entdeckt immer etwas Neues.“
Du sprichst, im Gegensatz zu vielen anderen Personen des öffentlichen Lebens, relativ offen über dein Privatleben. Liegt das daran, dass dein Mann Patrick Löwe als Geschäftsführer deines Unternehmens agiert? Oder bist du da einfach entspannter als andere?
„Ich denke, mein Privatleben ist immer noch ziemlich privat. Aber durch seine Rolle als Geschäftsführer der Marke kennt natürlich jeder meinen Mann und er ist immer wieder Thema, wenn ich Interviews gebe. Jeder hat seine Aufgaben, über die wir gerne sprechen, aber zum Großteil ist das, worüber wir öffentlich reden, Business.“
Leichte und wasserfeste Taschen aus Nylon
Jetzt hast du sogar gemeinsam mit deinem Mann eine eigene neue Marke herausgebracht, an der er aktiv beteiligt war. Offenbar klappt bei euch ja die Vermischung von Privatleben und Beruf ganz hervorragend. Was ist euer Geheimnis?
„Wir haben uns selbst eine Probezeit gegeben, denn die Ehe ist uns natürlich wichtiger als die Arbeit. Aber es funktioniert super. Wir sind beide sehr emotional und haben eine starke Meinung, das tut dem Unternehmen wahnsinnig gut und ist gleichzeitig immer wieder eine Challenge. Für mich ist es die beste Entscheidung gewesen, seit ich gegründet habe, mit ihm zusammenzuarbeiten. Und richtig, jetzt ist er mit einer eigenen neuen Marke sogar noch stärker in die Taschenproduktion involviert.“
Kannst du dazu mehr erzählen?
„Das Projekt heißt VeeCollective, und statt Leder verarbeiten wir hier Nylon. Es ist wasserfest, sehr robust und extrem leicht, eine Tasche wiegt etwa 230 Gramm. Es gibt die Taschen bisher in drei Größen und neun Farben, zum Beispiel als Shopper, perfekt für den Alltag. Es sind Unisextaschen, die eine große Zielgruppe ansprechen sollen. Patrick und ich haben sehr lange an jedem Detail gearbeitet, bis wir zufrieden waren. Das ist jetzt auch sein Baby und wir sind darauf sehr stolz. Wir wollen mit VeeCollective, das sieht man auch an der Kampagne, den Spirit, das urbane Leben und die Vielseitigkeit von Berlin widerspiegeln. Kommende Saison wird es auch noch mehr Modelle geben.“
Wir danken für das Gespräch!