Der Bogensee liegt im Brandenburgischen Forst ca. 15 Kilometer nördlich von der Berliner Stadtgrenze. Die meisten werden den Namen vielleicht schon in Verbindung mit dem NS-Reichspropagandaminister Joseph Goebbels gehört haben. Der hat sich nämlich hier einen Landsitz einrichten lassen, bevor das Gelände erweitert und zur Kaderschule der FDJ umgebaut wurde.
Aber zurück zum Anfang. Das 500 Hektar große Gut Lanke wurde von dem hoch verschuldeten Grafen Wilhelm von Redern 1919 an den Magistrat von Berlin verkauft. 1936 verschenkte die Stadt Berlin das Areal dann als Geburtstagspräsent an Goebbels – zusammen mit einem schicken Blockhaus. Das war dem Propagandaminister nicht repräsentativ und groß genug, deshalb wurde ein neuer Landsitz errichtet und 1939 fertiggestellt – mit 30 Zimmern, Kino und anderem Schickimicki. Dazu gab’s dann auch noch gleich ein Gästehaus, Wirtschaftsgebäude und ab 1944 einen Hausbunker. Das Landhaus wurde zum beliebten Treffpunkt für diverse Künstler und Schauspieler wie Zarah Leander oder Heinz Rühmann, die UFA steckte selbst 1,5 Millionen Reichsmark in den Bau.
Höher, größer, schöner
Nach dem 2. Weltkrieg wurden die Gebäude als Lazarett genutzt. Im März 1946 übergab man das Gelände schließlich der FDJ, die dort ihre „Jugendhochschule Waldhof am Bogensee“ einrichtete. Die Räume im Landhaus wurden als Kindergarten, Frisör, Konsum sowie als Wohnräume für den Direktor genutzt. Walter Ulbricht, damaliger DDR-Staatschef, verlangte während der Planungsphase, dass das Ganze ein “Denkmal des Sozialismus” werden solle. 1950 wurde die Jugendhochschule nach Wilhelm Pieck, dem 1. Präsidenten der DDR, benannt. Ab 1951 baute man weitere Gebäude im „stalinistischen Zuckerbäckerstil“, um das Gelände auch als Internat nutzen zu können. Der Architekt Hermann Henselmann war auch für die Stalinallee, die heutige Karl-Marx-Allee, verantwortlich.
Es reisten immer mehr Jugendliche, auch aus den befreundeten sozialistischen Nachbarländern, an. Ab 1980 wurde daher alles noch mal größer. Hinzu kamen ein weiteres Internatsgebäude, eine Sporthalle und und und. Im großen Lektionsgebäude wurde ein großer Plenarsaal mit 560 Sitzplätzen, großer Bühne, Kronleuchtern und der zweitgrößten Simultananlage der DDR mit 18 Fremdsprachenkabinen eingebaut. Außerdem findet man hier das Hotelfoyer. Gegenüber liegt die „Villa Bogensee“. Ein Gebäude, das einzig und alleine zu Repräsentationszwecken diente. Um den riesigen, in flieder gehaltenen zweigeschossigen Festsaal herum verlaufen Säulen und über zwei zentrale Treppen gelangt man hoch zur Empore. Desweiteren gibt es hier diverse Clubräume.
1981 fand die Pressekonferenz des BRD-Bundeskanzlers Helmut Schmidt während seines Besuchs in der DDR am Bogensee statt. Zur Vorbereitung wurden für rund 70 Millionen Mark die gröbsten Bauschäden beseitigt.
Nach der Wende wurde die Jugendhochschule abgewickelt und das ganze Gelände fiel zurück an das Land Berlin. Verschiedene Nutzungen scheiterten, u.a. versuchte sich hier der Internationale Bund für Sozialarbeit und bis 1999 das Internationale Bildungszentrum. Seitdem steht alles leer und verfällt zusehends. Bis 2005 fanden in den Hochschulgebäuden noch einmal jährlich Schulungen der Berliner Polizei statt und bei Großereignissen wird die Bereitschaftspolizei auch noch ab und an hier untergebracht. Auf dem Gelände befinden sich ansonsten die Berliner Forstverwaltung, eine Waldschule für Kinder und eine angrenzende kleine Wohnsiedlung, in der etwa 300 Menschen leben.
Eigentlich versucht das Land Berlin bzw. der Berliner Liegenschaftsfond jedoch, das Grundstück mit den großen denkmalgeschützten Gebäuden und dem See zu verkaufen – weltweit. Immerhin belaufen sich die Betriebskosten auf 250.000 Euro pro Jahr. Einfach wird das Vorhaben jedoch nicht werden, denn das Gelände soll als Ganzes verkauft werden und die Bausubstanz der meisten Gebäude ist stark angegriffen. Es regnet durch, im großen Plenarsaal kommt das Eichenparkett durch die Feuchtigkeit hoch, überall blättert die Farbe von Wänden und Decke. Außerdem gibt es die Auflage, die umliegenden Baumbestände soweit wie möglich zu erhalten – von den ganzen Denkmalschutzauflagen mal ganz abgesehen.
Dieser Text wurde uns zur Verfügung gestellt vom Blog@inBerlin (Autor des Artikels: Sunnycat), dem Blog für Geschichte / Kultur und Freizeit in Berlin.