Als erstes hört man Peanut. Das ist der kleine Hund der sympathischen Mode-Designerin Marina Hoermanseder. Gerne hätten wir mit ihr einen Kiezspaziergang rund um ihr Zuhause in Mitte gemacht. Aber da auf die gebürtige Wienerin jede Menge Arbeit wartet, treffen wir uns in ihrem Kreuzberger Atelier. Lederschnallen, viele Kisten, eine alte Singer-Maschine, ein Moodboard mit Fotos für die neue Kollektion, junge Mitarbeiter, jede Menge Stoffproben – in dem großen, lichtdurchfluteten Loft in Kreuzberg herrscht ein kreatives Durcheinander.
Seit Mai 2014 erobert Hoermanseder vom Gewerbehof Lobeckstraße 36-40 aus die Welt. „Ich habe gehört, dass die beiden Designer von Achtland ausziehen, um nach London zu gehen – und da hab ich die Räumlichkeiten direkt angefragt“, erzählt sie von ihren Anfängen. „Bis dahin haben wir viele Sachen bei mir zu Hause gemacht, im Wohnzimmer oder dann auf dem Küchenboden noch Lederstriemen poliert.“
Marina Hoermanseder wohnt seit sechs Jahren in Berlin, hat in ihrer Heimat Wien Wirtschaft studiert und an der Esmod ihr Modestudium nachgelegt. „Das hat den Vorteil, dass man nicht komplett abhängig ist. Nur als Künstler zu arbeiten, reicht nicht“, findet sie. „Es geht auch ums Verkaufen. Ich möchte nicht nur der Kunst dienen, schon Avantgarde machen, aber die Nachfrage nach tragbaren Teilen ist eben auch da.“ Seit 2014 ist Hoermanseder mit ihren doch sehr individuellen Kollektionen Stammgast auf der Fashion Week Berlin – immer mit begeisterten Kritiken. Rihanna, Lady Gaga, FKA Twigs oder Peaches tragen ihre Mode, die Nachfrage steigt. Es sind insbesondere Materialfetischistinnen, die sich in die orthopädisch inspirierten Stücke aus Leder verlieben.
Die 30-Jährige bringt ihr Label seit zwei Jahren sehr gezielt nach vorn. „Berlin ist so wahnsinnig gut zum Anfangen für alle und es ist schade, dass viele die Stadt dann wieder verlassen, sobald sie etwas größer sind“, meint die Geschäftsfrau. „Ich würde der Fashion Week hier nicht so schnell den Rücken kehren, schließlich haben die mir so ein bedingungsloses Vertrauen entgegengebracht. Ich kam da mit meiner achtteiligen Diplomkollektion an, das hätte auch in die Hose gehen können.“
Lieblingsadressen im Kiez
In der Nähe ihres Ateliers empfiehlt die Designerin das ayurvedische Anaveda oder den Voo Store. „Die O-Straße lieb ich heiß“, sagt sie. „Wenn man Glück hat, ist gerade noch eine türkische Hochzeit mit Hupkonzert. Es ist auch schön in einem Kiez zu arbeiten, wo man was sieht. Aber ich hatte als immer freundliche Österreicherin anfangs schon meine Schwierigkeiten, zum Beispiel mit dem nicht selten grimmigen Späti-Besitzer.“
Ihren Kiez, in dem sie ihre Nachbarn vermissen, wenn sie mal im Urlaub ist, hat die Modemacherin in der Gegend um den Zionskirchplatz gefunden. „Rund um mein Atelier wäre es mir zu laut, zu viel“, erklärt sie. „Ich bin ein Sonntagsstimmungstyp, am Wochenende darf‘s ein bisschen spießiger sein.“ Zu ihren Lieblingsadressen zählt sie das Dudu, das Oukan, das Transit, den Weltempfänger und den Flohmarkt am Arkonaplatz. „Da verkaufen die Leute wirklich ihr Graffel“, findet sie. „Da ist alles noch so echt, in einer Ecke sitzt immer ein älterer Herr mit so coolen Möbeln. Meine Wohnung ist ein Mix aus Flohmarkt und modern. Aber ich bin ein echter Keeper, im Wegwerfen bin ich schlecht.“ Wie zum Beweis zeigt sie auf die alten Rollschuhe im Regal gegenüber, die sie getragen hat, als sie sieben Jahre alt war.
Für eine Seidenbluse von Marina Hoermanseder zahlt man übrigens rund 300 Euro, für einen Streetwear-Pullover etwa 120, rund 600 Euro für die Tasche. „Ich möchte, dass es ein Investment ist, meine Sachen zu kaufen, dass sie einen Wert haben – aber es darf einen nicht das letzte Hemd kosten“, erklärt sie ihre Preispolitik. Im Sommer letzten Jahres hat sie eine Hello Kitty-Kollektion entworfen, Hollywood hat bereits angefragt und klar, dass die bewundernswerte Senkrechtstarterin mit ihrer Show auf der Fashion Week Berlin ebenfalls wieder für Furore gesorgt hat.
Zu kaufen gibt es Marina Hoermanseder beispielsweise in ihrem Online-Shop.