Zwei Wochen lang lädt das Maxim Gorki Theater, das vor vier Jahren als postmigrantisches Haus unter der Leitung von Shermin Langhoff angetreten ist, zur dritten Ausgabe des Berliner Herbstsalons ein. Mit Kunst, Theater, Performances und Diskurs werden am Brandenburger Tor, am Kronprinzenpalais, am Palais zum Festungsgraben und im Gorki Theater Arbeiten von rund 100 darstellenden und bildenden Künstlern gezeigt, die sich kritisch mit Konstruktionen von Identität und Einheit auseinandersetzen. Unter dem Motto Desintegriert euch! ruft der Herbstsalon dazu auf, sich aus vorgegebenen Denkschemata zu befreien und unsere Gesellschaft in radikaler Diversität zu denken. Wir stellen dir fünf Arbeiten aus Theater, Kunst und Diskurs vor, die du die vom 11. bis zum 26. November ansehen solltest. Hier findest du das komplette Programm.
11. November – Eröffnung des Monuments
Für die Dauer des Festivals wird auf dem Platz des 18. März vor dem Brandenburger Tor die eindrucksvolle Skulptur Monument des deutsch-syrischen Künstlers Manaf Halbounis aufgestellt. Die Installation besteht aus drei hochkant stehenden Bussen, die bereits von Februar bis April 2017 vor der Dresdener Frauenkirche aufgestellt wurden. Dort sorgten die Busse, die an die Straßenbarrikaden von Zivilisten in Aleppo zum Schutz vor Scharfschützen erinnern sollen, für Ärger und Proteste. Insbesondere Pegida-Anhänger empfanden den Zeitpunkt und den Ort der Skulptur als geschichtspolitische Provokation.
Wo: Brandenburger Tor und Palais am Festungsgraben
Wie viel: Freier Eintritt
Wann: Eröffnung: 11. November; Künstlergespräch mit Manaf Halbounis: 18. November 2017 um 18 Uhr
12. November – The List
The List wurde in einem Zeitraum vom 1. Januar 1993 bis zum 25. Mai 2017 erfasst und besteht aus Namen von über 30.000 Asylsuchenden, Migranten und Flüchtenden, die innerhalb oder an den Grenzen der Festung Europa umgekommen sind. The List ist ein bewegendes, leises Kunstwerk, das daran erinnert, dass Kriege, Flucht und Vertreibung immer auch aus Einzelschicksalen besteht. In Zusammenarbeit mit dem Tagesspiegel publizierte die türkische Künstlerin Banu Cennetoglu The List am 9. November als Zeitungsbeilage. Die Seiten der Liste werden während des Herbstsalons auf Litfaßsäulen im Zentrum Berlins zu finden sein.
Wo: berlinweit
Wie viel: Freier Eintritt
Wann: Künstlergespräch mit Banu Cennetoglu am 12. November 2017 um 18 Uhr am Palais am Festungsgraben
13. November – Roma Armee
Die israelische Regisseurin Yael Ronen ist mittlerweile zu so etwas wie der Gallionsfigur des Gorki Theaters geworden. In ihrem neusten Stück Roma Armee stehen hauptsächlich Roma aus ganz Europa auf der Bühne. Die Roma Armee ist eine Eingreiftruppe von Künstlern und Künstlerinnen aus Österreich, Serbien, Deutschland, dem Kosovo, Rumänien, England und Schweden, die für kollektive Selbstermächtigung und ein neues Europa kämpfen. Sie sind übernational divers, feministisch, queer und sie wehren sich gegen Diskriminierung, Rassismus und Antiziganismus.
Wo: Gorki Theater
Wie viel: ab 22 Euro
Wann: am 13., 14. und 26. November 2017, jeweils um 19.30 Uhr
16. November – Get Deutsch Or Die Tryin‘
Es gibt Momente, in denen jemand deine Sprache versteht, ohne dass du viel erzählen musst. In dem Stück Get Deutsch Or Die Tyrin‘ von Nacati Öziri, Autor, Dramaturg und künstlerische Leiter des Studio Я, sucht der 18-jährige Arda Yılmaz nach Bruchstücken einer Sprache, die an eine Kindheit in Almanya erinnert. Vor allem sucht er aber nach seinem unbekannten Vater, mit dessen gescheiterter Revolution er irgendwie verwandt ist. Es entsteht eine deutsch-türkische Familiengeschichte, erzählt mit Wut, Lakonie und im Beat von Hip Hop und Soul.
Wo: Gorki Theater
Wie viel: ab 22 Euro
Wann: am 15. und am 13. November 2017, jeweils um 19.30 Uhr
25. November – Je suis Jeanne d’Arc
Schillers Tragödie ist Ausgangspunkt für die Inszenierung Je suis Jeanne d’Arc, des in Paris lebenden Regisseurs Mikaël Serre, über Nation, religiösen Fanatismus und den Mythos von Jeanne d’Arc (Johanna von Orleans), die bei lebendigem Leibe 1431 verbrannt und schließlich von einer Bauerntochter aus der Provinz zu einer Ikone und Leitfigur wurde. Bis heute spiegeln sich in der Geschichte der jungen Frau aktuelle Konflikte wie in kaum einem anderen Werk: Marine Le Pen bringt sich als moderne Jeanne d’Arc in Stellung, junge islamistische Krieger folgen göttlichen Eingebungen und attackieren mit der Redaktion von Charlie Hebdo das Herz des westlichen Freiheitsbegriffs. Das Stück um den Mythos von Jeanne d’Arc, deren Schicksal bis heute Provokation ist, kannst du am 25. und 26. November ansehen.
Wo: Studio Я
Wie viel: 16 Euro
Wann: am 25. und 26. November, jeweils um 20.30 Uhr