Gegenüber von der Wuhlheide mit dem Stadion an der Alten Försterei liegt ein riesiges Grundstück am Ufer der Spree. Dem Berliner Immobilienwahn zum Trotz, wird hier weder in einer Mall geshoppt noch luxuriös gewohnt. Stattdessen fahren BMX-Räder durch den Dreck, tanzt man auf Festivals, leben sich Street Artists am Lost Place aus, spielen Köpenicker Kids Basketball und jagen Jugendliche mit dem Skateboard durch die Rampen. Das alles passiert, während sich andere einen Drink im Pavillon mit Blick auf die Spree genehmigen. Im Mellowpark ist gefühlt also alles möglich – und dann entsteht hier neben Europas größtem BMX-Skatepark auch noch Deutschlands Bundesstützpunkt für Freestyle BMX. Ganz schön viel los? Wir bringen ein bisschen Ordnung in die Flut der Infos.
Das steckt hinter dem Erfolg vom Mellowpark
Die Existenz an der Wuhlheide hat der Mellowpark sich hart erkämpft. Am Anfang stand ein Jugendclub im Köpenicker Allende-Viertel, der übergangsweise eine Brache in Köpenick bezogen hat. Als es darum ging, das Gelände an der Friedrichshagener Straße selbst zu gestalten, etablierten die Mitarbeiter*innen gemeinsam mit den Jugendlichen einen Treffpunkt für alle, die gern skaten, Basketball oder Volleyball spielen wollten – frei nach dem Motto „Wenn alle zusammenkommen und sich kennenlernen, werden sie sich auf der Straße nicht aufs Maul hauen“, erklärt Max Tuchtenhagen. Er ist Teil des kleinen Teams, das den Park leitet – einer Zusammenarbeit vom Jugendverein all eins und dem Sportverein Mellowpark.
Im Jahr 2001 fand dort der erste Mellowpark Jam statt – ein mit den Jugendlichen organisiertes Musikfestival, das es heute noch als Mellowjam gibt (und bei dem 2018 zum Beispiel Teesy und PTK dabei waren). Das Event machte den Mellowpark auf einen Schlag zum Hotspot: Seeed gehörte zu den Live-Acts, tausende wollten sie live sehen und die Köpenicker Jugendlichen rennen dem Park seither die Türen ein. „Ich dachte: Jetzt sind wir so fett, hier schmeißt uns keiner mehr runter“, erinnert sich Max. Doch das Gelände wurde an einen großen Investor verkauft. Und der Jugendverein stand Ende 2008 ohne Standort da, bis er seine Container, Rampen und Co. zwei Jahre später an der Wuhlheide wieder aufbauen konnte. Auch hier ging es bald ums Bleiberecht. Doch der Park konnte sich gegen Ansprüche aus der Immobilienbranche und vom 1. FC Union Berlin behaupten. Nun gilt der Vertrag bis 2035 – und bis dahin ist Großes geplant.
Das geht und kommt in Sachen Skatepark
Max führt uns über das Gelände, auf dem Kultur-, Jugendarbeit und Sport gleichberechtigt nebeneinander laufen und ineinandergreifen. Das Herzstück ist nach wie vor das Jugendzentrum. Die Schüler und Teenager sind es, die hier skaten lernen, die freiwillig das Gelände instandhalten und beim Bau der Rampen für den Skatepark mit anpacken. Und weil sie das so gut können, baut die Mellowpark GmbH mittlerweile sogar Rampen, Skate- und Bikeparks für internationale Kunden. Auf dem eigenen Grundstück wird noch am Projekt M gewerkelt: Europas erstem BMX-Superpark mit bis zu sechs Meter hohen Rampen, der zum Teil mittels eines Crowdfundings finanziert wurde. Spätestens wenn die Deutsche BMX Freestyle Meisterschaft German Open im August 2019 stattfindet, muss das Ding stehen. Langfristig geht es aber um die Vision 2024: Das 70.000 Quadratmeter große Gelände soll zur professionellen Sportstätte werden mit dem ersten skatebaren Parkhaus der Welt und einer BMX Supercross Anlage inklusive eigener Sitzplatztribüne. Die soll der Bundesstützpunkt der Deutschen Nationalmannschaft im BMX werden. Auch ein eigenes Leistungszentrum für BMX Freestyle mitsamt Räumen für Fitness und Physiotherapie, Sportlerunterkünften, einer Werkstatt und vor allem einem Indoor-Skatepark sind geplant – immerhin ist der Sport 2020 erstmals olympische Disziplin.
Street Art, Workshops und ein Club
Auch die größte deutsche Hoffnung des BMX Freestyle trainiert in Köpenick: Lara Lessmann. Und sie braucht dringend eine Indoorrampe, um bei jedem Wetter an ihren Skills zu arbeiten. Von Profis wie ihr abgesehen, besuchen jedes Jahr zwischen 40.000 und 50.000 Menschen den Mellowpark, vom 12-Jährigen bis zu entspannten Erwachsenen, die ihren Nachwuchs über die Fläche schieben. Drei Euro Nutzungsgebühr zahlt nur, wer sich auf die Sportanlagen wagt und nicht Vereinsmitglied ist. Die Atmosphäre gibt’s gratis.
Schüler lernen den Park beim Wandertag auf dem Gelände besser kennen, in Workshops für Improtanz, Breakdance, BMX-Fahren oder auch im Camp während der Sommerferien. Wobei sich in dem Camp nicht nur Ferienkids tummeln, sondern auch mal Schweden, Tschechen oder Polen zwischen 14 und 32 Jahren dabei sind, die die Begeisterung für BMX teilen. Skater*innen aller Altersklassen reisen aus ganz Deutschland an, um die einzigartigen Rampen, die Dirts, Indoor Skatehalle und Bowl zu beackern oder an den gefeierten BMX-Contests im Mellowpark teilzunehmen: Dem Highway To Hill, dem East-Cup oder eben den German Open zum Beispiel. Auch ein Battle für Graffiti gibt es vier Mal im Jahr, auf dem sich die Berliner Szene trifft. Das ganze Jahr über wird an den Rampen oder an den Wänden der ehemaligen Sport- und Kulturanlagen legal gesprüht.
Apropos Kunst und Kultur: Auf einer kleinen Open-Air-Bühne gastiert jährlich eine Sommeroper. Vielleicht verbindest du den Besuch mit einer Runde Beachvolleyball oder Stand Up Paddling, das es auf dem Areal ebenfalls gibt? Regelmäßig finden außerdem von den Jugendlichen organisierte Partys im All Club statt: „Knutschen, tanzen, weeßte ja“, fasst Max zusammen. Und als wäre das nicht längst genug, öffnet von Mittwoch bis Freitag die Siebdruckwerkstatt Atelier256, in der du eigene Ideen unter Anleitung auf Papier und Textilien bringen kannst. Und fast hätten wir den Holy Horst vergessen, den hauseigenen kreativen Weihnachtsmarkt. Weil man am Spreeufer eben nicht nur bei Kaiserwetter entspannt rumhängen kann.
Der Mellowpark ist also viel mehr als nur „der Skatepark in Köpenick“. Er ist ein ehrlicher Mikrokosmos für Jugendkultur, Skaten, BMX, Musik und Urban Art. Eine Auszeit vom anonymen Gehetze durch die Großstadt. Eine Bastion mit Schnauze, die erst einmal alle willkommen heißt. Ein Verein, der Jugendlichen und BMX-Sportler*innen eine Perspektive gibt und ein Treffpunkt für alle, die ihr Herz einmal hier zwischen den Containern, Improvisation, Spreeblick und viel Liebe verloren haben – zu Recht.