Nun drückt sich der Ansturm auf Berlin auch in Zahlen aus. Innerhalb des vergangenen Jahres ging die Menge der leer stehenden Wohnräume in der Hauptstadt von drei auf 2,6 Prozent zurück. Die Angabe basiert auf den Werten des Berlin-Brandenburgischen Wohnungsunternehmens (BBU), dem 40 Prozent der zu vermietenden Wohnungen in Berlin gehören.
Auch die bisher oft wenig attraktiven Wohngebiete jenseits des Zentrums werden zunehmend stärker nachgefragt. Die Wohnungsnot im zentralen Stadtgebiet führt dazu, dass immer mehr Familien sich nach Reinickendorf oder Marzahn-Hellersdorf orientieren. Hier konnte ein besonders starker Rückgang der Leerstände vermeldet werden.
Nur noch wenig Spielraum
Lediglich 5000 unsanierte Mietwohnungen würden derzeit noch als „Reserve“ zurückgehalten und könnten nach der Wiederherstellung zur Entspannung des Marktes beitragen, so BBU-Vorstandmitglied Maren Kern. Der Großteil der Mieträume würde derzeit renoviert oder in ausgeprägterer Form saniert. Nach dem Ende der Maßnahmen könnten die Wohnungen sofort einen neuen Bewohner finden. Nicht einmal Anzeigen müssten veröffentlicht werden, so immens groß sei der Bedarf nach Wohnraum.
Vor allem sanierte Mieträume werden gesucht. Gut 500 Millionen Euro stellten die BBU-Mitglieder für die Modernisierung ihrer Objekte zur Verfügung, dieselbe Summe floss auch in die Instandsetzung. In Neubauten wird dagegen nur wenig investiert: Nur rund 90 Millionen wurden für den Bau neuer Wohnräume flüssig gemacht. Dies läge auch am hohen bürokratischen Aufwand in der Verwaltung, so Kern. Über fünf Jahre vergingen bis zur Genehmigung eines Neubaus. Wolle die Regierung tatsächlich den Wohnungsbau stärken, sollten die „Verzögerungen beim Verwaltungshandeln“ schnell aus dem Weg geräumt werden.
„Ohne Anreize oder Förderungen“ könnten für eine Miete von unter 10 Euro keine neuen Wohnungen gebaut werden. Auf dem Weg hin zu einer ausgewogenen Wohnungpolitik sei die kostenfreie Übergabe von 14 im Besitz des Landes befindlichen Grundstücken an kommunale Wohnungsgesellschaften „ein erster richtiger Schritt“. Auch könne sich „das Gros der Mieter bei den BBU-Mitgliedern Neubaumieten von 8,50 Euro und mehr nicht leisten“, berichtet Kern. Weil die BBU-Mitglieder außerdem kaum in Neubauten investieren, nehme ihr „mietendämpfender Einfluss auf dem Wohnungsmarkt“ ab.
Rettungsprogramm
Den in Händen der Landes liegenden Wohnungsbaugesellschaften hat der Berliner Senat nun ein Programm zur Verhinderung von übermäßigen Mietsteigerungen präsentiert. In Berlin sollen die landeseigenen Wohnräume zu nicht mehr als 30 Prozent des Haushaltseinkommens nach Steuern vermietet werden. Außerdem soll jede zweite neu vermietete Wohnung an Inhaber eines Wohnberechtigungsscheins vergeben werden.
Darüber hinaus will der Senat die neuen Festlegungen für Mietpreissteigerungen verpflichtend einführen. Dabei ist vorgesehen, dass eine Miete in vier Jahren nur um 15 Prozent gesteigert werden darf. Bisher sind 20 Prozent in drei Jahren zulässig. Auch die Modernisierungsumlage soll auf neun Prozent sinken.
Auch mit Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sind die geplanten Maßnahmen abgesprochen worden. Sie wurden am Donnerstag den Vorständen der Wohnungsbauunternehmen des Landes präsentiert. Auch Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) war in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung dabei, hat aber wohl Einwände erhoben. Er möchte, dass die Baugenossenschaften die voraussichtlichen Kosten der die Mieten drückenden Pläne beziffern. Nußbaum befürchtet, dass eine soziale Mietpolitik, wie sie auf diese Weise erreicht werden soll, nicht mit der Schuldenbremse in Einklang zu bringen ist. In den kommenden Tagen sollen daher die möglichen Verluste der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften abgeschätzt werden.