Mit Banjo, Fiddle, Steel Guitar ...

Großartig: Bob Dylan im Tempodrom

Eine lebende Legende: Musiker Bob Dylan.
Eine lebende Legende: Musiker Bob Dylan.
Anhalter Bahnhof - Drei Abende hintereinander bespielte der legendäre Bob Dylan das Kreuzberger Tempodrom. Wie's war? Unser Gastroexperte und Musikfan Ludwig Heim war beim Konzert am Freitagabend dabei.

Dies ist der richtige Ort für seinen Auftritt. Im alten Tempodrom im Tiergarten, als dieses noch ein richtiges Zirkuszelt war, habe ich ihn schon in den 90er Jahren gehört und er war nie besser als heute.

Früher ertönte vor seinen Konzerten meist Zirkusmusik aus Lautsprechern, dieses Mal vermisse ich sie. Dafür spielt vor dem Tempodrom ein junger Musiker Dylans alte Songs „wie damals“ mit akustischer Gitarre und Mundharmonika und das nicht schlecht. Vielleicht weiß der Meister davon und verzichtet deshalb auf das übliche Intro?

Das Tempodrom ist ausverkauft und Dylan spielt hier an drei Abenden. Ich treffe Leute, die das Konzert an zwei, wenn nicht gar an allen drei Abenden besuchen. Für den Samstag soll es noch Karten an der Abendkasse geben. Das Publikum ist altersmäßig sehr durchmischt, wobei die jüngeren Zuschauer verständlicherweise in der Manege stehen, die älteren, inklusive mir, sitzen auf den Rängen.

Things have changed!

Kurz nach acht Uhr eröffnet die akustische Gitarre von Stuart Kimball auf der noch dunklen Bühne fulminant den Abend mit „Things have changed“, das Licht geht an und alle Musiker setzen ein. Bob Dylan steht breitbeinig, fast chaplinesk vor dem Mikrofon und singt sehr akzentuiert, stakkatoartig. Es folgte „Tangled Up in Blue“ von 1974 (Blood on the Tracks), stark verfremdet und sehr rockig, eben: Things have changed! Dylan greift immer wieder zur Mundharmonika und seine Fans danken es ihm mit Zwischenapplaus. Es rockt und swingt, so folgen Songs von seiner letzten Platte Tempest, „Pay In Blood“, „Duquesne Whistle“ und  „Soon After Midnight“: „A gal named Honey took my money“. Auch ein hinreißendes „Simple Twist Of Fade“ (Blood On The Tracks) und „Love Sick“ von 1997 (Time Out Of Mind) sind zu hören.

Bob Dylan spielt am Piano und wird von seinen langjährigen Bandkollegen begleitet. Tony Garnier ist seit 1989 mit auf seiner Never Ending Tour, er wechselt immer wieder zwischen elektrischem und akustischem Bass, Don Herron bedient die Pedal Steel Guitar, greift aber auch zum Banjo und zur Fiddle. An der Leadgitarre steht Charlie Sexton, der bereits erwähnte Stuart Kimball spielt die akustische Gitarre und die Drums werden von George Receli geschlagen. Nach zwei Stunden gibt es noch zwei Zugaben: „All Along The Watchtower“ und ein wiederum stark verfremdetes „Blowin“ In The Wind“.

Nach dem Ende eines Abends mit musikalischen Höhenflügen werden die Besucher vor dem Tempodrom von einem konventionell gespielten „A Hard Rain’s A-Gonna Fall“ wieder auf den Boden der Realität geholt. Um den jungen Musiker steht eine Traube von Fans, die vielleicht doch den „alten“ Dylan mehr schätzen. But things have changed.

Tempodrom, Möckernstr. 10, 10963 Berlin

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