Vertieft geht Rike Schmid einer ihrer Lieblingsbeschäftigungen nach: dem Lesen. In ihrem zweiten Wohnzimmer, dem Café Haliflor nahe der Kastanienallee. Das trifft sich gut, denn auf dem Weg zu unserem Spaziergang habe ich in ihrem neuen Buch „Nimm mich mit nach Gestern“ gelesen – ein sehr intimer Briefwechsel zwischen der Schauspielerin und ihrer 90 Jahre alten Kollegin Renate Delfs über deren Kindheit und Jugend während des Nationalsozialismus’. „Die Idee, daraus ein Buch zu machen, entstand eigentlich erst in den vergangenen drei Jahren. Ich hatte immer wieder Zweifel. Die Frage, wie ich persönlich mit der deutschen Vergangenheit umgehe, hat mich sehr umgetrieben. Aber ich bin keine Historikerin und wusste nicht, ob ich dem Thema genügen kann“, gesteht die Autorin, die durch Serien wie „Der Fürst und das Mädchen“ und dem Kinofilm „Wir“ bekannt wurde. Einer ihrer Professoren, dem sie das Manuskript zu lesen gab, ermutigte sie schlussendlich, das Zeitzeugnis publik zu machen.
Was lange wärt, bleibt ewig
Einfach war der Start in Berlin nicht. Ein Freund hatte sie gewarnt, als beschlossen war, das Studium der Soziologie vom Rhein an die Spree zu verlegen. Rike denkt zurück: „‘Wunder‘ dich nicht, wenn du erstmal den Berlin-Blues bekommst‘, sagte er zu mir. Ich weiß nicht, ob ich einen Blues hatte, aber ich habe einen ganzen Moment gebraucht, hier anzukommen. Bis man Herzensmenschen findet, das dauert. Aber ich habe diese Menschen gefunden.“
Vor 13 Jahren sah ihre „neue“ Heimat – der Kiez um die Kastanienallee – noch ganz anders aus. „Als ich hierherzog, gab es nur einen Schlecker und das Hotel Kastanienhof”, erinnert sie sich, „ansonsten war hier wenig“. Dass sich die Gegend inzwischen zur Tourimeile entwickelt hat, hat für sie auch einen positiven Effekt. Der Trubel und die Anonymität eignen sich durchaus auch für Menschen, die ab und an die Stille suchen. „Während meines Studiums und auch heute noch gehe ich sehr gerne nachts durch die Straßen oder am Mauerpark spazieren. Eine schöne Mischung, da draußen ist etwas und trotzdem wird man in seinem Dasein nicht gestört“, lacht Rike.
Total normal
Sie für ihren Teil reitet sehr gerne, schon von Kindesbeinen an, in letzter Zeit allerdings nur sehr selten. Einmal aus Zeitmangel und weil die meisten Reiterhöfe außerhalb Berlins liegen, etwa in Falkensee, wo sie auch schon ein paar mal war. Doch ohne Auto kommt man dort sehr schlecht hin, von der Fahrtzeit ganz zu schweigen. „Ich liebe Straßenbahnfahren und komme mit den Öffentlichen sehr gut zurecht, doch nach Grunewald, wo es auch einen Reitclub gibt, bräuchte ich ewig“, erklärt sie.
Guter Wein, französisches Essen und Filme im Original
Als sie selbst neulich beim Dreh für den Low-Budget-Film „Mandy – das Sozialdrama“ vor der Kamera stand, lernte sie einen Teil Prenzlauer Bergs kennen, der ihr bis dahin weniger bekannt war: das Viertel um den Thälmann-Park. „Eine raue Gegenwelt, direkt um die Ecke vom Sanierungsgebiet rund um die Kastanienallee. Das fand ich spannend.“