Kiezrundgang durch Moabit

Stadtteil der Kontraste

Moabit ist "multibunt"!
Moabit ist "multibunt"!
Moabit ist eine Insel, umgeben von Spree, Kanälen und 25 Brücken. Lange galt der Stadtteil als Stiefkind Berlins - wurde er doch vor allem sanierungstechnisch links liegen gelassen. Das Areal rund um die Turmstraße kann aber mittlerweile längst mit wunderschönen Altbauten glänzen.

Vor rund dreißig Jahren lag Moabit am Rande West-Berlins. Es zählte zum „Norden“ und galt durch die Assoziation mit Industrie, Gefängnis und Armut als einer der unattraktivsten Stadtteile der Hauptstadt. Heute liegt der Kiez wieder im Stadtzentrum, nahe dem Regierungsviertel und beherbergt, neben einem schicken neuen Hauptbahnhof, viel kulturellen Aufschwung.

Auf der zentralen Ader Moabits – der Turmstraße –  schlendert man zunächst neben Billigläden und Schnellimbissen auch an geschichtsträchtigen Bauten vorbei. Das 1906 im wilhelminischen Stil erbaute monumentale Kriminalgerichtsgebäude gilt als eines der modernsten Gebäude seiner Art. In der benachbarten Justizvollzuganstalt verbüßen etwa 1100 Häftlinge eine Haftstrafe oder warten auf ihre Verhandlung. Hier, im größten Kriminalgericht Europas, wurde zudem Justizgeschichte geschrieben: Berühmte und teilweise berüchtigte Insassen waren neben dem Schuster Wilhelm Voigt – bekannt auch als „Hauptmann von Köpenick“ – die Gebrüder Sass. Die zwei Bankräuber galten in den zwanziger Jahren als moderne Robin Hoods und kamen aus dem Kiez. Sie wohnten in der nahegelegenen Birkenstraße.

Während des Rundgangs zeigt der von Vorurteilen gebeutelte Kiez, ganz neue Facetten. Vergeblich sucht man nach Anhaltspunkten, die eine Bezeichnung wie „Arme-Leute-Viertel“ rechtfertigen. Schlagworte wie hohe Kriminalitätsrate  oder Armut verbindet man, nach dem Rundgang im Viertel, immer weniger mit Moabit. Stattdessen: Beste Lage, beste Anbindung und wunderschöne Altbauten. „Moabit ist Beste“ . Der Slogan klebt zuhauf an Straßenlaternen. Anscheinend herrscht hier großer Kiezpatriotismus.

Gut bürgerlich und kulturell

Vom Großstadttrubel auf der Turmstraße merkt man in den Seitenstraßen recht wenig. Hier tummeln sich gute gastronomische Adressen, wie das Restaurant „Paris Moskau“  in der Straße Alt-Moabit 141, das Restaurantschiff „Patio“ an der Moabiter Brücke oder kreative Institutionen wie kleine Galerien und Läden für Blumen- und Gartenkunst. Zudem heben sich viele Häuserfassaden vom gestalterischen Einheitsbrei ab. So hat beispielsweise der Künstler Michael Fischer-Art einen Hausabschnitt in der Waldstraße mit Porträts der Bewohner aus vielen Nationen bemalt. Die „Villa Multibunt“ passt nicht nur namenstechnisch in das Stadtbild, sie gilt auch jetzt schon als neues Wahrzeichen von Moabit. Den 16 Mietparteien gefällt die farbenfrohe Gestaltung. Zudem können sie dem Ganzen auch etwas Praktisches abgewinnen. So kann man dem Taxifahrer einfach sagen: „Bitte einmal zum bunten Haus“.

Was Moabit vielleicht noch nachhaltig verändern wird, sind die Pläne für ein neues Stadtquartier ganz im Osten des Ortsteils: Unweit vom Hauptbahnhof, an der Heidestraße, sollen ehemalige Bahnareale bebaut werden. Hier sind Flächen für Kultur und Forschung, Büros, 1200 Wohnungen und ein großer Stadtpark geplant.

Fazit: Der Stadtteil ist vor allem eins – bunt und kontrastreich. Hier passt nichts mehr in das einstige Bild vom „Schmuddelkiez Moabit“. Neben vielen modern gestalteten Häusern, die Filmproduktionsfirmen und Architekturbüros beherbergen, stehen auch viele zusammengewürfelte Gebäude aus der Gründerzeit, weshalb es an vielen Orten noch so ähnlich aussieht wie vor über hundert Jahren. Hier treffen Akademiker auf Minijobber, Deutsche leben neben Türken und Rentner neben Studenten. Zusammen mit den liebevoll gesetzten Farbtupfern an Häuserfassaden, Garagen, Bänken und Stromkästen ergibt das eine perfekte Moabiter Mischung.

Reformationskirche Moabit, Beusselstr. 35, 10553 Berlin

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