Berliner Persönlichkeiten zeigen ihren Kiez

Designer Sebastian Ellrich im Wedding

Besser als Mauerpark: Im Mini-Kaufhaus findet auch Ellrichs Frau, die Bühnenbildnerin ist, oftmals rare Stücke zu günstigen Preisen – vom Kristallglas bis hin zur neuen Kommode.
Besser als Mauerpark: Im Mini-Kaufhaus findet auch Ellrichs Frau, die Bühnenbildnerin ist, oftmals rare Stücke zu günstigen Preisen – vom Kristallglas bis hin zur neuen Kommode.
Diesen Namen sollten Sie sich schon mal merken. Noch zählt der junge Designer zu den Geheimtipps unter den Berliner Modemachern, das könnte sich aber bald ändern. Sebastian Ellrich hat QIEZ seinen Kiez im Wedding gezeigt.

Der Kiezspaziergang ging mit einer Einladung einher, ihn in seinem Atelier ganz in der Nähe des Nauener Platzes zu besuchen. Dort – zwischen einem Jugendbildungszentrum und einem bereits geschlossenen „Fight Club“-  arbeitet der 28-Jährige nicht nur, hier lebt er auch mit seiner Frau und seiner Tochter. 140 Quadratmeter für 800 Euro – von solchen Mieten können Prenzlberger oder Charlottenburger nur träumen.

Perfekt für junge Künstler

Seit August 2008 wohnt der gebürtige Magdeburger in der Reinickendorfer Straße. „Ich finde es super in meinem Kiez“, erklärt er. „Ich würde nicht wechseln wollen.“ Der Bezirk bot sich für ihn und seine Frau an, weil sie eine große Wohnung wollten. Ellrich spielte kurz mit dem Gedanken, sein Label in New York oder London zu starten. „Als ich mir die Mieten in London so angeguckt habe, dachte ich: ‚Geht ja‘ – bis ich gemerkt habe, dass das die Wochenmiete ist“, erzählt er lachend. „Für junge Kreative ist Berlin super, nirgendwo sonst kann man so etwas so schnell hochziehen wie in Berlin.“

Sein High-End-Label Sebastian Ellrich(Blazer zwischen 450 und 500 Euro, Kleider zwischen 250 und 600 Euro) hat er Anfang 2011 gegründet. Mit diesem will er das traditionelle, wertige „Kleidermach-Handwerk“ wiederbeleben. Gleichzeitig arbeitet er noch als selbstständiger Kostümbildner am Theater. „Ich kann mir aktuell nicht vorstellen, nur eines von beidem zu machen. Ich sehe Kleidung als meine Sprache und es gibt eben verschiedene Erzählweisen, am Theater zum Beispiel Opulenz und Größe, bei meinem Label zählt eher, dass ich es für ‚richtige‘ Menschen mache – irgendwo im Bereich zwischen Kunst und Kleidung, aber eben auch tragbar.“

Zwischen Leopoldplatz, Antonkiez und Gesundbrunnen

Die Lage mit Nähe zum Hauptbahnhof, aber auch zu den Bezirken Mitte und Prenzlauer Berg sei einfach super, ganz unprätentiös, wie Ellrich findet. „In meinem Kiez gibt es nichts, also auch nichts, was nervt – das finde ich toll“, meint er. „Mittlerweile leben viele Künstler hier, auch bei uns im Haus wohnen noch drei bildende Künstler, gegenüber Choreographen und Tänzer. Es gibt in meinem Kiez keine zwölf Bio-Läden um die Ecke und das ist auch gut so. Für meine dreijährige Tochter Marnie ist es super, weil lauter neue Spielplätze gebaut bzw. alte saniert werden und es war sehr einfach, eine Kita zu finden. Und man ist schnell im Grünen: der Tegeler See, der Plötzensee – man ist so schnell draußen und auch so schnell innen.“

Gute Gründe, sich für den Wedding als Wohnort zu entscheiden, sprudeln aus dem Wahl-Berliner nur so heraus – auch oder vielleicht gerade weil schöne Cafés nicht gerade vor der Haustür liegen. „Es gibt nun mal kein Überangebot, es ist ein perfekter Stadtteil, um Entscheidungen bewusst zu treffen – nicht alles ‚komm mal schnell‘, sondern eher Entschleunigung“, erklärt Ellrich. „Mein Vietnamese gegenüber zum Beispiel hat eine winzige Küche, die Köchin macht wirklich gutes Zeug, sogar für die vietnamesische Botschaft, aber eben überhaupt nicht glamourös.“

Wo geht es mit dem Wedding hin?

Schon lange ist die Rede davon, dass Wedding zum neuen Szenebezirk aufsteigt, weil eben auch so viele junge Künstler hierher gezogen sind. Doch von einer starken Veränderung spüre der Modemacher noch nichts. „Ganz entspannt passiert hier schon was, Dienstag und Freitag gibt es jetzt auch einen Bio-Markt, neue Cafés werden eröffnet, aber ganz langsam, es knallt nicht“, findet er. „Der Bezirk ist schon sehr kunstlastig, aber immer noch stark durchmischt und heterogen.“

Lesen Sie nächste Woche in unserer Reihe „Berliner Persönlichkeiten zeigen ihren Kiez“: Kazim Erdogan

Designer Sebastian Ellrich im Wedding, Reinickendorfer Straße, 13347 Berlin

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