Der Weg zum Laden von Julice en rêve (frei übersetzt „Juliane + Alicia wie im Traum“) führt von der S-Bahn Schöneweide vorbei an riesigen verlassenen Backsteinbauten und an Ramsch-Läden. Es ist eine eher triste Gegend. Doch die beiden Modedesignerinnen Alicia Losekandt und Juliane Binroth fühlen sich rundum wohl. Sie kennen die Ecke nicht erst, seit sie im März in ihren rund 80 Quadratmeter großen Shop mit Atelier in der Goethestraße 36 gezogen sind. „Wir haben beide an der HTW studiert, die ist ja auch gleich hier“, erklärt Alicia Losekandt. „Wir haben unser Label 2010 gegründet. Unser erstes Atelier war auch in Oberschöneweide, in den Spreehöfen. Wir hatten 70 Quadratmeter für 100 Euro. Dann wurde bei uns eingebrochen, Laptop weg, sämtliche Skizzen weg. Das war richtig Mist. Außerdem mussten wir dort auch raus, weil ein Hostel gebaut werden sollte.“
Zwei Stockwerke für die Nachwuchsdesigner
Der Gewinn des degewo-Gründerpreises im Dezember vergangenen Jahres kam jedenfalls genau richtig. Denn damit dürfen die beiden umsonst in dem netten Backsteinbau arbeiten. Im ersten Jahr kommt die degewo komplett für Miete und Betriebskosten der Immobilie auf – insgesamt wird das Designer-Duo fünf Jahre lang von dem Wohnungsunternehmen gefördert. „Wir haben mit nichts angefangen“, sagt Juliane Binroth. „Und über den Business-Plan Anerkennung zu bekommen, ist schon schön.“
Im Erdgeschoss hängen ihre zarten, femininen Kleider, Shirts und Accessoires, die alle in Berlin gefertigt werden. Oben sind die Atelierräume: Eine Schneiderin telefoniert. In der Küche nebenan sitzt ein Mädchen am Laptop. „Sie schreibt ihre Master-Arbeit über uns – das ist natürlich toll“, freut sich Binroth. Dann gibt es da noch die Praktikantin, die an einer Overknee-Leggins aus zweierlei Stoff näht – die „Cuissardes“, einer der Verkaufsschlager der Marke.
Promis stehen auf Julice en rêve
Gerade zur Fashion Week hatten die beiden eine Modenschau, bei der sie mit ihrer aktuellen Herbst-/Winterkollektion 2012 und der neuen Frühjahr/Sommer-Kollektion 2013 begeistert haben. Für letztere haben sie sich von der Ausstellung „Schwebende Welten“ von Tomás Saraceno im Hamburger Bahnhof inspirieren lassen. „Wir haben zum Beispiel die Prints danach entworfen“, erklären die beiden. Die Farbgebung sei dann beispielsweise auf einem Tuch so, als würde eine Seifenblase am Boden zerplatzen.
Kult-Transe Lorielle London war auch bei der Kollektionspräsentation. „Sie hat total nett nachgefragt, ob sie sich mal ein Kleid ausliehen darf.“ Promis als Aushängeschilder? „Wir sind kein Label, das sich gezielt damit schmücken will. Die VIPs, für die wir anfertigen, sind auf uns zugekommen“, betont Binroth. Dazu zählen beispielsweise Susanne Bormann oder Joséphine Thiel.
Auch sonst hat sich schon gut herumgesprochen, dass es in dem gemütlichen Laden hübsche Designermode zu moderaten Preisen gibt. Kleider kosten zwischen 100 und 350 Euro, Tops ab 50 Euro. Kunden kommen aus Steglitz, Zehlendorf oder sonst woher, weil sie die Beratung der beiden sympathischen Designerinnen sehr schätzen. Losekandt meint: „Wir hoffen sehr, dass die kreative Szene zukünftig immer weiter in den Osten zieht.“