Schon seit 2003 wohnt Martin Helmbrecht in der Lüderitzstraße. „Hier wohnen eigentlich ganz normale Leute, das schätze ich sehr“, sagt der 46-jährige Filmemacher. Dieser Teil Berlins ist um Längen ursprünglicher als der Kiez in Berlin-Mitte, in dem Martin Helmbrecht vorher gewohnt hat. „Doch schon einige Zeit nach meinem Einzug merkte ich: hier bewegt sich was!“ Das unscheinbare Viertel rund um die Afrikanische und die Kameruner Straße verbirgt hinter seinen unauffälligen Fassaden jede Menge Themen, die es nur aufzuspüren gilt.
„Als mir im Jahr 2013 ein großer Auftrag für einen Film wegbrach, beschloss ich: ich porträtiere Menschen in meinem Kiez“, erzählt Helmbrecht – und das in seiner Freizeit, ohne dafür Geld zu bekommen. Der im Rheinland aufgewachsene Dokumentarfilmer musste nicht lange suchen, um drei Menschen zu finden, die stellvertretend für diesen Kiez stehen können. Allen Porträts ist gemeinsam, dass sie vollständig ohne Off-Kommentare auskommen. Die Menschen, für die sich der Dokumentarfilmer interessiert, erzählen ihre Story selbst.
Veränderungen haben viele Gesichter
Kameramann Andy Fiebert zeigt die Protagonisten scheinbar beiläufig in ihrem Umfeld, sie bewegen sich natürlich in ihrer gewohnten Umgebung und keine ihrer Aussagen kommt inszeniert daher. Die Veränderungen im Afrikanischen Viertel, das Thema, das die Filme im Hintergrund miteinander verbindet, bekommen dadurch viele Gesichter und bleiben nicht ein abstraktes Gespenst. Die ersten drei Porträts wurden unter großem Publikumszuspruch im Januar 2014 in der FLOP Bar uraufgeführt – die neue Bar in der Lüderitzstraße, deren Entstehungsgeschichte einer der Filme dokumentiert.
Wie fühlen sich Afrikaner in einem Viertel, in dem Straßennamen an Personen erinnern, die in ihrem Kontinent für schwere Verbrechen verantwortlich waren? „Ich lasse die Menschen ihre Geschichte erzählen“, beschreibt Martin Helmbrecht das formale Prinzip der Serie. Ob man für oder gegen die von einigen Aktivisten geforderten Straßenumbenennungen ist – auch die Geschichte der Straßennamen ist etwas, was dieses Afrikanische Viertel zu einem besonderen Ort in Berlin macht.
Wie es ist, ein Fremder zu sein
Diese Geschichten erzählt die Reihe „Müller Ecke Afrika“ – und auch im Jahr 2014 soll die Serie mit neuen Porträts fortgesetzt werden. Der Kiez schüttelt den Mehltau ab und wacht auf. Für den Filmemacher Martin Helmbrecht hat sich auch das eigene Leben im Afrikanischen Viertel verändert. Seit den Dreharbeiten wohnt er nicht mehr einfach nur im Kiez – er hat auch neue Bekannte gefunden. „Plötzlich werde ich auch auf der Straße gegrüßt, kennen mich Leute, die die Filme gesehen haben“, erzählt Helmbrecht stolz.
„Ein vergessener Kiez wacht auf“ ist das Motto der Serie Müller Ecke Afrika. Alle Filme enden mit einem Schwenk über die Dächer des Afrikanischen Viertels, wo noch viele Geschichten darauf warten, erzählt zu werden. Die positive Resonanz in der überfüllten FLOP Bar bei der Filmpremiere zeigt: Viele Menschen wollen beim Aufwachen mit dabei sein.
Die nächsten Filmvorführungen finden statt am 20. März, 20 Uhr, in der Flop Bar, Lüderitzstr. 74, am 7. April in der Z-Bar, Bergstraße 2 in Mitte und am 11. April im Groni 50, Groninger Str. 50 statt.
Dieser Artikel wurde uns zur Verfügung gestellt von www.weddingweiser.de