Die einen haben ihm auf die Schulter geklopft, die anderen haben ihn für verrückt erklärt. So ist das immer, wenn sich Pioniere aufmachen, Grenzen zu überwinden. Gerke Freyschmidt brachte die Clubkultur, die bislang den S-Bahnring als äußerste Ausdehnung kannte, spreeaufwärts bis hoch nach Oberschöneweide. Das Kiki Blofeld, aus Kreuzberg vertrieben, wurde dort im Frühjahr euphorisch begrüßt, löste eine Aufbruchstimmung aus, bestätigte die Annahme, dass nun auch der langweilige Südosten Teil des weltweit nachgefragten Berlin-Style werden würde.
Doch das Sommermärchen ist ausgeträumt, die Pioniertat gescheitert. Das Kiki ist in die Winterpause gegangen und „wird nicht wieder an dem Standort öffnen“, schreibt Freyschmidt auf der Facebookseite des Kiki. Gründe gebe es viele, „zum einen hat unser Vermieter andere Pläne, zum anderen haben die Ämter alles dafür getan, um uns loszuwerden“. Für Nachfragen zur Konkretisierung seines Ärgers ist Freyschmidt nicht zu erreichen.
Die WM-Spiele waren gut besucht
Hallen sollen saniert werden
Dennoch wurde das Kiki Blofeld nicht unbedingt vom Publikum überrannt. An normalen Tagen ohne Spezialereignis blieb die Gästeschar überschaubar. Problematisch war, dass das Kiki seine Öffnungszeiten vom Wetter abhängig machte. Zog ein Gewitter auf, wurde die Party abgesagt, und wer das nicht mitbekommen hatte, stand plötzlich allein auf weiter Weide. Das Kiki hat ein paar tausend Euro Mietschulden hinterlassen, doch Herrmann gibt sich großzügig. Wenn Freyschmidt wolle, sei das Kiki „weiter eine Option“. Allerdings frühestens zur Freiluftsaison 2016, denn die Reinbeckhallen sollen im kommenden Jahr für rund zwei Millionen Euro saniert werden. Herrmann möchte hier Künstlerateliers ansiedeln, mit großer öffentlicher Ausstellungsfläche und einem Verkaufsbereich. Die 400 Quadratmeter große Clubfläche soll auf jeden Fall bestehen bleiben, egal, welcher Betreiber sich später darin ausprobieren wird.
Der Club war baurechtlich nur geduldet
„Das Kiki Blofeld hat Oberschöneweide sehr gutgetan“, sagt der Baustadtrat von Treptow-Köpenick, Rainer Hölmer (SPD). Das Club-Projekt sei „zeitlich befristet“ gewesen, der Betrieb nur „geduldet“, solange kein Bauantrag mit Brandschutzkonzept und Lärmgutachten vorlag. „Wir sind dem Betreiber entgegen gekommen.“ Freyschmidts Ämterschelte könne er nicht nachvollziehen.
Schöneweide ist ein Stadtteil mit Zukunft, nur weiß niemand, wann sie wirklich beginnt. Der Bahnhof wird seit einem Jahr aufwendig runderneuert, der Nazitreff „Zum Henker“ ist geschlossen, an der Spree sollen neue Wohnungen und Fachmärkte entstehen. Die vor einigen Jahren angesiedelte Hochschule pumpt jeden Tag so viele Studenten nach Schöneweide, dass die Tramlinien morgens komplett überlastet sind.