Gänsebraten allein reicht nicht: Immer häufiger steht auf der Speisekarte auch, aus welchem Ort oder sogar von welchem Hof das Federvieh stammt. Solche Informationen transparent zu machen gilt zunehmend als Qualitätsmerkmal in der Gastronomie – und nicht nur beim Fleisch. In Berlin bietet die Kreuzberger Markthalle Neun seit vier Jahren einen Lieferservice für Köche und Gastronomen an. Mit Produkten, die größtenteils aus der Region kommen, deren Produzenten aber nicht die Kapazitäten haben, um diese selber zu verschicken oder vertreiben. Der Erfolg gibt den Machern Recht. Bekannte Namen wie das Nobelhart & Schmutzig, das Einsunternull oder der Pauly Saal ordern über die Markthalle. Was aber fehlte, war eine digitale Plattform, um Bestellprozess und Kommunikation zu vereinfachen.
Doch die kommt jetzt – und Therese Breyer ist als Projektleiterin verantwortlich für den Aufbau der Plattform Neun. Wir treffen die gebürtige Österreicherin im zur Markthalle gehörenden Kaffee Neun. Schon beim Online-Lieferdienst Bonativo beschäftigte sie sich als Head of Operations mit regionalen Lebensmitteln. Im Gegensatz dazu oder zum Marktschwärmer–Konzept richtet sich die Plattform Neun allerdings vorerst nur an die Gastronomie – eine Ausweitung ist laut Breyer in Zukunft aber nicht ausgeschlossen. Was angeboten wird, bestimmen die Macher der Markthalle mit: „Wir sehen uns ein wenig als Kurator der Plattform“, so die Projektleiterin. Allesamt bio-zertifiziert sind die Produkte nicht; nachhaltig und transparent hergestellt sollten sie allerding schon sein. Zu den Spezialitäten gehören Gemüse und Obst, darunter alte Sorten und besondere Größen wie beim Mini-Kohlrabi.
Für die Agrarwende ins Web
Bisher mussten die Einkäufer aus der Gastronomie umständlich einen PDF-Bestellzettel ausfüllen, um den Lieferservice zu nutzen. In rund einem Jahr soll die neue Web-Plattform vollständig fertig sein und wie ein digitaler Marktplatz funktionieren: mit einer Übersicht der verschiedenen Händler und Landwirte, ihrem tagesaktuellen Angebot und einem Warenkorb für die Kunden. „Wir übernehmen Transport, Kommissionierung und Vertrieb“, erklärt Therese Breyer. Mit ihren bisher zwei Lieferwagen, „leider“ konventionell angetrieben, holt die Markthalle die Produkte bei den Landwirten vor Ort oder deren Marktständen in Berlin ab. Was dabei finanziell hängenbleibe, sei zweitrangig. „Am Ende des Tages geht es darum, dass wir es den Restaurants ermöglichen, aus der Region Waren zu beziehen“, findet Breyer.
Für die gute Sache tut sich die Markthalle Neun mit einem Partner zusammen, der zuletzt nicht nur für positive Schlagzeilen sorgte: dem noch von Christian Schmidt (CSU) geführten Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. 180.000 Euro an Fördermitteln fließen von dort für die Digitalisierung der Plattform. Sechs Jahre sei man wegen des Projekts im Gespräch gewesen, erzählt Therese Breyer. Die Zusammenarbeit würde von gegenseitiger Wertschätzung geprägt.
An diesem Wochenende stellt sich die Markthalle aber erst mal wieder an die Seite derer, die die Ausrichtung der deutschen Landwirtschaftspolitik kritisch sehen. Bei der Wir haben es satt!-Demo am Berliner Hauptbahnhof geht es am Samstag kurz vor Beginn der Grünen Woche gegen die von der Politik unterstützte Agrarindustrie.
Weitere Informationen zur Markthalle Neun und ihrem Lieferservice bekommst du auf der Webseite.