Kennen Sie Lou Favorite? Nein? Müssen Sie auch nicht unbedingt. Lou Favorite ist Künstler. Und Lou Favorite ist sauer. Richtig sauer. Sauer auf die Ignoranten, die ein Kunstwerk, das er zusammen mit fünf anderen preisgekrönt hat, nicht zu würdigen wissen. Lou Favorite hat zur Feder gegriffen und einen Text verfasst, in dem er auf diese Ignoranten eindrischt. Den Text hat er natürlich mit bildungsbürgerlichen Einsprengseln versehen. Und am Ende des Textes beschreibt Lou Favorite einen schnauzbärtigen Mann, der moderne Kunst in München zusammentragen ließ, um sie anschließend zu verbieten. Lou Favorite zieht also einen direkte Linie von den Kritikern des Kunstwerkes, das er preisgekrönt hat, zu Adolf Hitler. Nun könnte man mit den Schultern zucken, die Augenbraue hochziehen und denken, Lou Favorite ist halt ein wenig verwirrt, will provozieren, wie es Künstler gerne tun, oder einfach nur unfassbar – aus juristischen Gründen beende ich diesen Satz nicht.
Kritik ausgeklammert?
Dem Bezirksamt ist es gelungen, ein Pamphlet zu verfassen, das in seiner Unausgewogenheit auch vor 25 Jahren in der DDR hätte erscheinen können. Gegner des Entwurfs werden nur in Satzfetzen zitiert, die sofort in der Luft zerrissen werden, Fakten werden verfälscht dargestellt (so wird mehrfach die Idee Frau Karrenbergs gelobt, die Mauern abzutragen – dabei war genau dies Wettbewerbsbedingung). Es werden acht Gästebucheinträge der Ausstellung zitiert, die 2012 in einer dunklen Ecke des Rathauses Schöneberg verdruckst die Entwürfe präsentierte. Von diesen acht äußern sich sieben positiv, einer negativ. Ich hatte auch in das Gästebuch geschaut und einen Eintrag hinterlassen. Und ich kann sagen: Das Verhältnis der negativen zu den positiven Stimmen war eher umgekehrt.
Zudem stellt sich die Frage, warum sich die Autoren der Broschüre so aufregen, wenn das Echo doch so positiv war? Lou Favorite ärgert sich, dass die Gegner von der „Authentizität“ des Ortes sprechen, obwohl ja nichts mehr authentisch wäre. Dass genau dieser Begriff in der Wettbewerbsbeschreibung verwendet wurde, ficht ihn nicht an. Vielleicht hat er diese ja auch gar nicht gelesen oder wieder vergessen. Und zum Schluss wird noch die gute alte Faschismuskeule geschwungen.
Umstrittene Rednertribüne
Die Broschüre, der Umgang mit dem Thema im Bezirk und nicht zuletzt der Beitrag von Lou Favorite, der unwidersprochen abgedruckt wurde, zeigen, dass sowohl das Preisgericht als auch das Bezirksamt mit der Thematik schlicht überfordert waren und sind. Um einen überzeugenden Entwurf zu schaffen, bedarf es etwas mehr als eine willkürliche, schön anzuschauende Rednertribüne aus Weißbeton. Es bedarf einer kompetenten Jury, eines offenen Verfahrens. Dann können auch überzeugende Kunstprojekte entstehen, wie im Bayerischen Viertel, das in der Broschüre Erwähnung findet, oder auch das Stolperstein-Projekt.
Das Vorwort stammt übrigens von Jutta Kaddatz. Frau Kaddatz widerspricht Lou Favorite auch nicht und Frau Kaddatz hofft darauf, „die begonnene Diskussion konstruktiv weiterzuführen.“ Frau Kaddatz ist Stadträtin für Volksbildung.
PS: Die Baracke bleibt stehen und wird eingezäunt bis zu einer Lösung. Der Grünzug wird darum herum gebaut.
Dieser Artikel wurde uns zur Verfügung gestellt vom Rote Insel Blog.