Viel Aufhebens wurde in den letzten Wochen um die irische Textilfirma gemacht. Trotzdem stehen die Berliner Schlange bei der Eröffnung der zweiten Berliner Filiale in Mitte. Ein paar Meter weiter findet eine Gegenveranstaltung statt. Ein Stimmungsbild.
Die Stimmung unter den 798 Mitarbeiter aus 41 Nationen, die künftig in der zweiten Berliner Primark-Filiale am Alex tätig sein werden, ist hervorragend. Bereits Stunden vor der offiziellen Neueröffnung stimmen sie sich mit Luftballons und Jubelgesängen auf ihren neuen Job ein. Die Kunden, von denen viele bereits seit halb zehn vor der Eingangstür auf die Eröffnung warten, werden auch nicht vergessen und mit kostenlosen Getränken und kleinen Süßigkeiten bei Laune gehalten. „Jeder, der hier einen Job ergattern konnte, freut sich“, bestätigt eine der künftigen Verkäuferinnen mit Bonbon-Körbchen in der Hand den ersten Eindruck. Kritische Nachfragen werden gekonnt abgeblockt: „Es fühlt sich wunderbar an, für Primark zu arbeiten, weil ich voll und ganz hinter dem Unternehmen stehe“, so eine weitere Mitarbeiterin. Zum Thema Billiglohnkräfte werden wir auf den Pressesprecher verwiesen.
Der Imagefilm, der geladenen Gästen kurz vor dem Verkaufs-Startschuss präsentiert wird, macht deutlich, worauf es ankommt: „Wir müssen am günstigsten sein“, lautet das Credo. Allerdings wird zugleich suggeriert, das Unternehmen würde seine billigen Produkte auf nachhaltige und ethische Art herstellen, medizinische Einrichtungen bauen und für Gleichberechtigung sorgen. Wie das genau zusammen passt? Wir wissen es nicht. Fakt ist: Hunderte Menschen vor der Tür scheinen die ethischen Grundlagen der Primark-Produktion auch gar nicht so genau hinterfragen zu wollen. So freut sich Azubi Carolin aus Friedrichshain einfach darüber, dass sie fürs Primark-Shopping nun „endlich nicht mehr bis runter nach Steglitz“ fahren muss.
Nur wer genau hinschaut, sieht am Eröffnungstag auch ein klein wenig Protest. Etwa dreißig Meter vom Haupteingang entfernt organisieren linke Demonstranten, die Kampagne für Saubere Kleidung und der Dachverband Inkota einen „Kleidertausch“ und bemühen sich darum, Passanten in ein Gespräch über Moral und Verantwortung von Primark zu verwickeln. Doch es geht ruhig zu, lautstarker Protest oder Anfeindungen gegenüber Einkäufern bleiben aus. „Es ist halt immer so, wir werden an den Rand gedrängt und müssen zusehen, dass wir trotzdem jemanden erreichen – am besten auf vernünftige Art und Weise“, so einer der Protestanten.
Im Ladeninneren geht der Trubel ungestört weiter. Zur Eröffnung ist sogar Enda Kenny, der irische Regierungschef, angereist. Er wünscht allen Mitarbeitern viel Erfolg und wird – natürlich – frenetisch beklatscht. Mittlerweile ist Primark mit 270 Stores in neun Ländern vertreten – und der Expansionskurs geht weiter: 2015 sollen 23 neue Läden eröffnet werden, darunter auch der erste Shop in den USA. Aktuelle Statistik: Über 1,4 Millionen Menschen kaufen täglich bei Primark. In der neuen Filiale am Alex, die von Graffiti-Künstlern mitgestaltet wurde und sich mit ihrem Angebot verstärkt auch an ein internationales Publikum wendet, können sich unkritische und/oder preisbewusste Käufer künftig auf drei Etagen und 5.230 Quadratmetern austoben.
So ging es bei der Eröffnung in Steglitz zu:
Du suchst vielmehr nach Fair Trade-Mode in Berlin?