Dass in Berlin fast kein Neubau rechtzeitig fertig wird und wenn endlich doch, dann grundsätzlich mehr kostet als geplant, erfreut besonders solche Verantwortliche, denen eben dies nicht widerfährt. Gut gelaunt war Cornelia Quennet-Thielen, Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung und Forschung, schon aus diesem Grunde, als sie einen Pulk von Berichterstattung durch den gerade fertig gestellten Neubau am Kappelle-Ufer führte.
Nach zweieinhalbjähriger Bauzeit sei der Neubau „im Zeit- und Kostenrahmen“ fertig gestellt worden und dazu noch das „erste zivile Hochbauprojekt des Bundes in ÖPP“. Das klingt nach Zukunft (und ein bisschen nach Raumfahrt), ÖPPs galten aber eigentlich als Modell der Vergangenheit. Denn die Aufgabenteilung in solchen Bündnissen aus öffentlichen Verwaltungen und privaten Unternehmen endete in den 2000er Jahren auffällig oft so, dass die Privaten ein richtig gutes Geschäft machten, das die öffentliche Hand richtig teuer bezahlte, ohne so richtig glücklich mit dem Ergebnis zu sein.
Private bauen billiger, heißt es
173 Meter lang ist die Front an der Spree
Nachrechnen kann das niemand, wer aber vor dem Gebäude steht, blickt auf eine 173 Meter lange Front, die den Spreebogen durch einen sanften Schwung nachzeichnet. Die Fassade ist mit grünem Stein verkleidet zwischen den bürohaustypischen schmalen Fensterausschnitten. Der Baustoff kommt aus Österreich – und nicht wie bei vielen anderen Neubauten heutzutage aus China, weil es dort billiger ist. „Nachhaltigkeit“ war ohnehin das Leitmotiv für Planung und Realisierung dieses Bundesbaus – „und wer die Abbaubedingungen in chinesischen Steinwerken kennt, der lässt auch im Baumarkt die Finger von chinesischen Baustoffen“, sagt Architekt Christian Pelzeter, der auch im Inneren des Minsteriums europäische Lärche eingesetzt hat, etwa für die zentrale Treppe neben der Kantine.
Eine einsame Mitarbeiterin winkt
„ch bin echt“, ruft eine vereinzelte Mitarbeiterin im vierten Stock, die bereits in den leer wirkenden Neubau eingezogen ist und aus ihrer Bürozelle dem Pulk zuwinkt, der sich an ihrem Raum vorbeidrängt Richtung Musterbüro. Das ist 22,5 Meter breit und hat eine Bürolampe, die von der Firma eigens für dieses Ministerium entwickelt wurde und immer dafür sorgt, dass der elektrisch höhenverstellbare Schreibtisch genau 500 Lux hell beleuchtet wird. Und damit nicht gar so viel Strom den Zähler zum Glühen bringt, hat Architekt Pelzeter außerdem die Jalousien zur Verschattung der nach Süden gebenden Räume so programmieren lassen, dass die oberen Lamellen getrennt geöffnet werden können.
Jetzt erklären Sie mal schnell die Brennstoffzelle
Ein bisschen Show muss schon sein, technische Leistungsschau, was man politisch korrekt auch so formulieren könnte: Was (an diesem Neubau) ökologisch nachhaltig ist, muss es nicht unbedingt ökonomisch sein. Ästhetisch ist der Neubau nicht der ganz große Wurf. Zumal der Architekt die Wirkung der dunkleren Solarpaneele, die sich von der überwiegend grün verkleideten Fassade abheben, durch hellere Elemente aus – Achtung Nachhaltigkeit: – Recycling-Glas zu mildern sucht. Wer’s mag…
Der Duft von Linsensuppe
Der Duft von Linsensuppe erfüllt den Durchgang zum zweiten Gebäudeteil – ein Mitarbeiter im Blaumann trägt eine Schüssel durchs Haus. Eigentlich ist die Kantine noch gar nicht geöffnet, die durch eine lange Glasfront vom zentralen Treppenhaus abgegrenzt ist, auf dem in schwungvoll geführter Schrift der Sinnspruch prangt: „Man kann nicht alles wissen“. Kunst ist das und gehört ebenso wie die zehn Meter lange schwarze Tafel, auf der Computer mit weißer Kreide technische Zeichnungen wegweisender Erfindungen zaubern sowie ein Spiel von Lichtdioden auf einer schwarzen Glasfront zu den vier ausgewählten aus 319 eingereichten Arbeiten.