Sagt man über einen Menschen, dass er einem ein Ohr abgekaut habe, so ist das, von kannibalistisch veranlagten Exemplaren abgesehen, nicht wörtlich gemeint. Aber Pandas sind eben keine Menschen, auch wenn manch einer sie fast knuddeliger als kleine Kinder findet. Und so muss hier leider daran erinnert werden, dass die erste Begegnung zwischen den legendären Schwarzweiß-Berlinern Bao Bao und Yan Yan, vor ziemlich genau 20 Jahren, überaus rabiat verlief. Bao Bao, das war der seit dem Dahinscheiden seiner Artgenossin Tjen Tjen im Jahre 1984 unbeweibte Pandamann, dem nun eine neue Käfiggefährtin zugeführt werden sollte zwecks erhoffter Vermehrung. Doch als Yan Yan gleich zur Eröffnung der Beziehung mit ihren 42 Beißerchen zuschnappte, war das eindeutig kein Liebesbeweis, sondern ein Zeichen von ausgesprochen schlechter Laune, der ein halbes Pandaohr zum Opfer fiel.
An Bao Bao war die Kunst hiesiger Tierpräparatoren schon bewiesen worden, auch er wurde zur Dermoplastik, kann nun zwar nicht mehr wie einst mit Yan Yan schaulaufen, -fressen, -schlafen, aber zumindest schaustehen. Auch die Skelette der beiden Tiere hat man in der Schau aufgebaut, und selbst ihre Exkremente hielt man für ausstellungswert, dazu gibt es weitere Präparate und Sammlungsmaterial aus Berlin und Paris – ein Projekt vom Naturkundemuseum, Zoo, dem WWF und dem Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung.
Aufkeimende und wieder erlöschende Hoffnungen
Berlin und die Pandas – eine wechselhafte Geschichte voller Höhen und Tiefen, aufkeimender und wieder erlöschender Hoffnungen, von denen zuletzt nur noch drei ausgestopfte Bärenfelle und andere Reste übrigblieben. Sie begann Anfang November 1980, als Bao Bao und Tjen Tjen aus Peking kommend über Frankfurt am Main in West-Berlin eintrafen – ein Geschenk des chinesischen Staats- und Parteichefs Hua Guofeng an Bundeskanzler Helmut Schmidt. Der kam eigens samt Loki zur offiziellen Vorstellung aus Bonn angereist, was mehr als angemessen war, schließlich galt das Doppelpräsent als kleine Sensation. Mit ihren Pandabären waren die Chinesen stets sehr knauserig, aus gutem Grund: Die Viecher sind sehr selten.
Die Bären waren bald Stars und zierten die Werbeaufkleber der Stadt, die damals den Aufdruck „Berlin tut gut“ trugen. Für das Weibchen traf das auf lange Sicht allerdings nicht zu: Eine Magen-Darm-Infektion streckte Tjen Tjen 1984 nieder, und alle Versuche, sie wieder aufzupäppeln, scheiterten. Auch sie wurde damals ausgestopft, was schon deswegen eine handwerkliche Herausforderung war, weil bei der Behandlung einige Stellen des Fells rasiert worden waren. Die Bärin mutierte notgedrungen zum Flickenteppich.
Nachwuchs? Fehlanzeige
2007 dann das endgültige Aus: Yan Yan lag eines Nachmittags tot im Gehege – gestorben an den Folgen einer Darmverstopfung. 2012 folgte Bao Bao ihr in den Bärenhimmel, niedergestreckt durch Hodentumore und eine Nierenentzündung und ohnehin in sehr fortgeschrittenem Alter. Im Stillen bemüht sich der Zoo seit einiger Zeit um Ersatz, man muss abwarten.
Viele Berliner geben die Hoffnung aber nicht auf, dass vielleicht auch wieder in Zoo oder Tierpark bald mal wieder die beliebten, in freier Natur bedrohten Tiere leben werden. Schon bei seinem Amtsantritt im April 2014 sprach der neue Zoo- und Tierparkchef dem Tagesspiegel, er könne sich durchaus vorstellen, die Bären auch in Berlin zu beheimaten. Allerdings müssten dafür zuerst die Haltungsbedingungen geändert werden, und das koste Zeit und Geld. Die früheren Anlagen für die Pandabären zu Zeiten seines Amtsvorgänger Bernhard Blaszkiewitz bezeichnete Knieriem als nicht artgerecht.