Dichtes Gebüsch, Restmauern, geflickte Baracken, Asphaltflächen, von Pioniergrün durchbrochen – eine Szenerie wie aus den Endzeitromanen von Christoph Ransmayr. Beiderseits der S-Bahntrassen südlich der Yorckstraße vegetiert noch echter Berliner Gleisurwald, ungebrochen von den Resten alter Gewerbebauten. Doch im Vorbeifahren in den Zügen der S 2 öffnet sich plötzlich ein Fenster in die Zukunft, ein nagelneuer Basketballplatz ist zu sehen, ein fertiger Spielplatz mit Strandkorb und Gebirgslandschaft, originalverpackt, damit der Regen ihm nicht zusetzt. Beides gehört zum zweiten Bauabschnitt des Nord- Süd-Grünzuges, der Ende Oktober eröffnet werden soll.
Wenn alles fertig ist, wahrscheinlich Anfang 2015, verbindet der Nord-Süd-Grünzug den Gleisdreieck-Park und dessen Erweiterung über die Yorckbrücken nach Süden (Flaschenhalspark) mit dem Bahnhof Südkreuz. Geplant ist ein durchgehender Weg für Radfahrer, Fußgänger und Skater, der den Potsdamer Platz mit dem Schöneberger Südgelände verbindet und weiter bis zum Stadtrand reicht, ein wichtiger Teilabschnitt des Fernradwegs Berlin-Leipzig.
Artenreiche Biotope sollen erhalten werden
Der Flaschenhalspark misst fast sechs Hektar und kostet zwei Millionen Euro. Das Geld kommt überwiegend aus Fördertöpfen der EU und Landesmitteln. Die Eröffnung ist im Frühjahr 2014 geplant. Der Radweg beginnt im Norden mit einer Rampe an der Yorckstraße und endet im Süden an der Monumentenbrücke. Dort müssen die Radfahrer die Brücke queren, um dann westlich der Bahntrassen weiterfahren zu können. Die Idee ist, den Ostpark des Gleisdreiecks auf mindestens vier historischen Bahnbrücken über die Yorckstraße mit dem Flaschenhalspark zu verbinden. Doch für die Sanierung der Brücken fehlt bislang noch das Geld. Beide Parks liegen hier etwa vier Meter über dem Straßenniveau. Das Bahngelände wurde im 19. Jahrhundert großflächig aufgeschüttet, um das natürliche Landschaftsgefälle auszugleichen.
Der Flaschenhals werde nur „sehr zurückhaltend“ gestaltet, sagt die zuständige Projektmanagerin bei Grün Berlin, Regina Krokowski. Ein „Transitpark“ soll entstehen, ohne Spielplätze oder Liegewiese. Der Bahnwald und die überwucherten Gleistrassen bleiben unangetastet. Neben dem Radweg werden weitere Wege für Fußgänger und Skater angelegt, die auf einen zentralen Platz mit Bänken zulaufen. Geplant sind auch zwei große Schaukeln wie im Ostpark.
Auf dem Nord-Süd-Grünzug hinkt vor allem der mittlere Abschnitt zwischen der Kolonnenstraße und der Fußgängerbrücke an der General-Pape-Straße (Alfred- Lion-Steg) noch hinterher. Göhler rechnet im nächsten Jahr mit dem Baubeginn. Die Kosten von insgesamt knapp fünf Millionen Euro werden aus Mitteln für den Stadtumbau-West und EU-Geldern aus dem Topf für regionale Wirtschaftsförderung (GRW-Mittel) bezahlt. Der Radweg soll den Tourismus ankurbeln.
Schöneberger Schleife
Die Schleifen-Verbindung vom Gasometer bis zum Südkreuz entlang der Torgauer Straße ist schon in Bau. „Voraussichtlich 2014“ soll der „Grünzug Torgauer Straße“ eröffnet werden. Dort wird ein Gedenkort für den SPD-Politiker und Widerstandskämpfer Julius Leber entstehen.
Die Planer von Grün Berlin sind sich einig, dass hier ein großartiges innerstädtisches Wegesystem fernab des Straßenverkehrs entsteht. Die Gleisbarrieren zwischen den Stadtquartieren, Resultat des Kopfbahnhofsystems aus dem 19. Jahrhundert, löse sich durch die neuen Grünverbindungen langsam auf, sagt Hans Göhler. Die Schöneberger Insel wird zwar aus ihrer Gleisumklammerung nicht befreit, bekommt aber zusätzliche Anschlüsse an die Außenwelt und kann künftig bequem per Rad umrundet werden.