Neu entwickelter Fahrsimulator

Mit dem Trabi in die DDR

Einsteigen und in die DDR eintauchen - das entspricht auch dem didaktischen Konzept des Museums.
Einsteigen und in die DDR eintauchen - das entspricht auch dem didaktischen Konzept des Museums. Zur Foto-Galerie
Alt-Berlin – Ein weißer Original-Trabant P 601 stand schon lange im DDR-Museum am Spreeufer gegenüber dem Berliner Dom. Nun hat das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut dafür gesorgt, dass der Wagen dem Konzept des Museums entsprechend interaktiv nutzbar wird: am Steuer können sich die Besucher künftig auf eine Zeitreise ins realsozialistische Deutschland begeben.

Es ist nicht ganz „Zurück in die Zukunft“, doch authentisch sieht es schon aus, was die Firma ravir film für die Windschutzscheibe des Trabis aus dem DDR-Museum programmiert hat. Beim Drehen des Zündschlüssels erblickt der ‚Fahrer‘ auf dem Display vor sich eine Plattenbausiedlung, die dem Typ WBS 70, einer in Marzahn-Hellersdorf und ganz Ostdeutschland seit den 1970ern verbreiteten Wohnungsbauserie nachempfunden ist. Zusammen mit dem Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut ist ein weltweit wohl einzigartiger Simulator entstanden, der es ermöglicht, das Fahrgefühl des Trabis in seiner historisch korrekten Umgebung zu erleben.

Das gemeinsame Interesse des Museums und der Abteilung Interactive Media des Fraunhofer Instituts an interaktiven Projekten brachte die Idee hervor, das ostdeutsche Kult-Auto aus dem eigenen Bestand entsprechend zu tunen. Nun können die Besucher sich nicht nur einfach in den Trabi setzen, sondern eine Spritztour in die DDR unternehmen. Die 3D-Grafik auf der Frontscheibe simuliert eine 60.000 qm große Plattenbauwelt, durch die der Fahrer den Wagen steuern kann. Für deren Programmierung wurde auf Fotos aus den 1970er und 80er Jahren zurückgegriffen. Sensoren erkennen, wenn die Person hinter dem Steuer die Zündung betätigt, Gas gibt, bremst und lenkt. Durch Lautsprecher erklingt der Original-Sound des P 601, der auf Testfahrten aufgenommen wurde.

Viele Trabis, keine Menschen

Doch wie fährt er sich denn nun, der Simulator? Als der Trabi-unerfahrene QIEZ-Autor endlich das weit rechts liegende Gaspedal entdeckt hat, kann es losgehen. Die 3D-Animation der Umgebung weiß durchaus zu gefallen. Die Programmierer haben unter anderem einen Jugendclub, eine Kaufhalle und 114 Trabis in Original-Farbtönen in die Plattenbau-Simulation eingebaut. Auf andere Modelle stößt man allerdings nicht und auch auf Menschen wurde bewusst verzichtet. Die Fahrt mit dem P 601 vermittele „Spaß ohne Aggression“, betont Sylvain Renault vom Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut – Szenarien, in denen Schüler wie im Videospiel-Hit „Grand Theft Auto“ Passanten über den Haufen fahren, sollten offensichtlich vermieden werden.

Leichte Stöße beim Zusammenprall mit parkenden Trabis oder Abstechern auf den Gehweg macht der Simulator spürbar – doch auch beim Fahrgefühl hat der Realismus seine Grenzen. Als Konzession an nicht fahrerfahrene Schulklassen, die das DDR-Museum häufig besuchen, wurde die Schwergängigkeit des Lenkrads und der Pedale reduziert, wie Hans Bauer von ravir film erklärt. Dafür muss man jetzt beim Kurvenfahren arg aufpassen, um nicht den Bordstein mitzunehmen. Auch eine Kupplung gibt es nicht – durchaus realistisch ist dagegen, dass der Trabi beim Durchdrücken des Gaspedals schnell zu vibrieren beginnt.

Doch den Verantwortlichen geht es ohnehin um mehr als eine 1:1-Umsetzung der Fahreigenschaften. Direktor Robert Rückel erläutert die Idee hinter der Trabi-Zeitreise: „Durch die neue Installation schaffen wir es, den Besucher spielerisch und emotional an das Thema DDR heranzuführen. Ist der Besucher im Thema, ist der didaktische Erfolg der Ausstellung am größten.“ Der Erfolg scheint Rückel Recht zu geben: 2012 wurde das DDR-Museum bereits zum zweiten Mal für den European Museum oft the Year Award nominiert.

Weitere Informationen zum DDR-Museum gibt es auf dessen Homepage.

Foto Galerie

DDR Museum Berlin, Karl-Liebknecht-Str. 1, 10178 Berlin

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