Dort, wo nun das pars seinen festen Platz hat, residierte 40 Jahre lang das beliebte Café Savigny. Nun braucht aber niemand mehr der geschlossen Westberliner-Institution nachzutrauern, denn Neu-Inhaberin Kristiane Kegelmann hat hier einen ganz besonderen Genusstempel geschaffen, der Handwerk, Kunst und Kulinarik gekonnt zusammenbringt. Die 32-Jährige hat übrigens einen ganz besonderen Werdegang, der sie von den meisten Gastronom*innen abhebt: Kristiane ist gelernte Patissière – später wurde sie Bildhauerin und Performance-Künstlerin. Sie experimentierte viel mit Essen und so entstanden aus ihrer Kunst die berüchtigten pars Pralinen, die sie ab 2017 in einem kleinen Atelier in Prenzlauer Berg herstellte. Die skulpturalen, bunt schimmernden Köstlichkeiten sind dabei immer handgearbeitete, individuelle Kunststücke, die u.a. im KaDeWe verkauft werden, auch Sternegastronomen servieren ihren Gästen gerne Kristianes Kreationen als süßen Abschluss.
Seit November 2022 kannst du die Pralinen auch in der Grolmannstraße in Charlottenburg kaufen. Nur einen Katzensprung vom Savignyplatz entfernt ist die gelernte Konditormeisterin Alina Jakobsmeier für die Produktion der Pralinen im neuen Restaurant zuständig. Kristiane und Alina arbeiten bereits seit Jahren erfolgreich zusammen. Tagsüber werden die Pralinen in der neuen Location verkauft, am frühen Abend werden dann kleine Speisen zum Teilen serviert und um 19:30 wird dann ein 6-Gänge-Menü mit kuratierten Weinen aufgetischt.
Wer den Laden betritt, könnte auf den ersten Blick meinen, man sei in einer Art Galerie, wäre da nicht die offene Edelstahlküche und die lange Tafel, die genau wie Kristianes Pralinen „perfecly imperfect“ ist. Die gesamte Inneneinrichtung ist ein Muss für Fans guten Designs: DMTK aus Wien und Some Place Studio aus Berlin haben ein harmonisches, neues Raumkonzept geschaffen, das auch den Charme des Café Savigny auferstehen lässt: mit wunderschönem Stuck-Relief aus der Königlich Preußischen Porzellanmanufaktur, quer gemasertem Holzboden und dem Mobiliar im hinteren Sitzbereich. In den Regalen finden sich Keramiken von Dirk Aleksic, weiße Vorhänge trennen die Räume und eine Spiegelkonstruktion an den Säulen – ebenfalls in der Raummitte – ermöglicht den Durchblick in alle Ecken und vergrößert die Location optisch. Bemerkenswert sind auch die Einbauleuchten vom österreichischen Lampenhersteller Georg Bechter, die rohverkabelt von der Decke hängen.
Doch nun zum Wichtigsten in einem Restaurant: dem Essen. Küchenchefin Alina Jakobsmeier hat mit ihrem Team ein Menü geschaffen, das mit wenig Gewürzen und Komponenten auskommt, weil die Qualität der Zutaten so gewaltig ist, dass weniger eben mehr ist. Die Liste der Lieferanten, die du selbst auf dem Menü nachlesen kannst, ist ein Best-of dessen, was Berlin und das Umland zu bieten haben: Gemüse von Grete Peschken, Walnüsse von Vivian Böllersen oder handgemachter Käse von Alte Milch, um nur eine kleine Auswahl zu nennen.
Wir starten mit einem Gruß aus der Küche: Duftendes Sauerteigbrot aus der Schöneberger Keit Bäckerei mit Butter, die vom Erdhof Seewalde stammt und mit Petersilie sowie Petersilienöl aufgeschlagen wurde. Dazu gibt es noch eine aromatische Zwiebel- und Tomatenessenz mit Kümmelöl sowie hausgemachtes Sauerteigbrioche mit Rückenmark von der Kuh.
Nun sind wir ready für das eigentliche Menü: Es geht los mit einem köstlichen japanischen Eierstich, der auf frittierte Pom-Pom-Pilze und Fichtenspitzen trifft. Der elegante zweite Gang inzeniert einen süß-sauer eingelegten Saibling von der nachhaltigen Fischzucht 25Teiche aus Brandenburg. Der Fisch, der in Sauerrahm und Dill mariniert wurde und mit gelben Senfkörnern bestückt ist, wird von einer Decke aus weißem Rettich umhüllt. Highlight des Abends ist der fermentierte Kartoffelrösti, begleitet von einem Apfelkompott, geräuchertem Kartoffel-Espuma und einer Perlenzweibel, die mit Apfelsirup bestrichen über eine angenehme Süße verfügt. Der Wildhase bringt dann Osterstimmung auf die Teller: Ummantelt von einer Schwarzkohlroulade wird das feine Stück auf ein Schwarzkohl-Pesto gelegt und mit Pfeffersauce serviert.
Nun folgt der süße Teil des Menüs: Die Pralinen kommen hier keineswegs als Petit Four nach dem Dessert, sondern werden als eigenständiger Gang serviert. Weiße Schokoladenganache, die mit Sahne aufgeschlagen wurde, wird dank der Waldbeeren, die letzten Sommer in Rum eingelegt wurden, zur cremig-fruchtigen Sensation. Den krönenden Abschluss bildet dann die geflämmte Schokoladenterrine mit Joghurt und Olivenöl. Die enorme Produktqualität hat natürlich ihren Preis: 95 Euro kostet das 6-Gänge-Menü.
Als Wein liebende Restaurantleitung ist Sophie Skowronek nicht nur für dein Wohlergehen zuständig, sondern sorgt gemeinsam mit Sommelier Christoph Geyler, der am Bodensee sitzt, für eine abwechslungsreiche Weinkarte. Ob du es nun wilder oder klassischer magst: Mutige Naturweinliebhaber*innen werden hier genauso glücklich wie Fans konventioneller Tropfen. Die passende Weinbegleitung zum Menü kostet 70 Euro pro Person. Es gibt natürlich auch offene Weine, Flaschen, Drinks und Alkoholfreies. Jetzt, wo es langsam wärmer wird, werden draußen Tische aufgestellt, sodass die kleinen Gerichte zum Teilen auch in der Sonne nach Vorbild der italienischen Aperetivo-Kultur genossen werden können.