Anderen Kulturen und Menschen über Essen näherzukommen, funktioniert oft unmittelbarer und intensiver als mit einem Sprachkurs. Im Tenzan Lab in der Wörther Straße lernst du Japan von seiner kalten, äh, eiskalten Seite kennen. Denn hier hat ein brandneuer Eisladen eröffnet, der dir Kakigōri serviert. Dieses besondere Eis besteht aus feinen Spänen, die von einem großen Eiswürfel mit einem kleinen Messer abgeschabt werden. Das Eis zergeht wie Schnee im Mund, wird meist mit Saucen aromatisiert und hat eine Creme als Topping. Besitzer Stjepan Klein, eigentlich Regisseur, erklärt uns, dass es ziemlich schwierig war, in Berlin einen passenden Lieferanten für die Eiswürfel zu finden. „Das Eis muss besonders klar sein, mehrere Male revitalisiert und remineralisiert werden sowie mindestens vier Tage gefroren werden.“
Ist das nicht der Fall, dann wird der Eiswürfel milchig und es entsteht keine schneeartige Konsistenz, erklärt er weiter. Auf die Idee, das Eis nach Berlin zu bringen, haben Stjepan langjährige japanische Freunde gebracht. Bei einem dreiwöchigen Aufenthalt hat er sich durch 30 Kakigōri-Kreationen getestet, von traditionell über modern bis auf die Hand-Version. Zeitgleich hat er Lieferanten für die Sake-Maische gesucht und gefunden, die eine wichtige Rolle bei der Sorte Sake-kasu (9 Euro) spielt, das mit etwas Ingwer garniert serviert wird. Insgesamt hast du die Wahl zwischen sechs Sorten: entweder japanische Klassiker wie Matcha Mascarpone (8 Euro) oder etwas bekanntere Geschmäcker für den deutschen Gaumen wie Mango oder Himbeere (je 7 Euro).
Beim Kakigōri musst du den Dreh raus haben
Wir bestellen Hojicha Mascarpone, das ist ein Shaved Eis mit geröstetem Grünen Tee. Ayano ist die Kakigōri-Meisterin im Laden, sie bedient per Hand die aus Japan angelieferte Maschine der Marke Swan, die etwas wie ein Spinnrad aussieht. Sie legt den glasklaren Eiswürfel auf eine sich drehende Plattform und hält eine Schale in der Hand. Mit der anderen dreht sie an einem Rad, wodurch der Eiswürfel abgeschliffen wird. Gleichzeitig dreht sie mit der anderen Hand die Schüssel, um gleichmäßig das Eis zu verteilen. Drehen ist sehr wichtig bei diesem Eis, denn anschließend setzt sie die Schüssel wieder auf eine Drehplattform und gibt mit einer Sprühflasche Zuckersauce (enthält sechs Sorten Zucker wie Kokosblüten und Rübenzucker) sowie Milchsauce auf das Eis. Durch die Drehbewegung wird alles gleichmäßig verteilt. Zu guter Letzt kommt eine mit Hojicha aromatisierte Mascarpone sowie Grüntee-Pulver darüber.
Wir sind erst skeptisch, ob wir die mächtig aussehende Portion schaffen, aber gar kein Problem, schließlich ist ja viel Wasser dabei. Das schmeckt man übrigens überhaupt nicht. Der Schnee zergeht himmlisch auf der Zunge, besonders interessant sind die verschiedenen Konsistenzen, cremig und dann wieder crunchy. Dabei macht das Herbe im Tee und die Süße der Sauce daraus eine erfrischende Geschmacksbombe. Das ist definitiv kein Eis, wo die Aufmachung vor einem weniger guten Geschmack hinwegtäuschen soll, das ist ein Eis, das wirklich Abkühlung schafft und dir ein neues Schleckerlebnis bietet.
Zugegeben 8 Euro für ein Eis, das ist schon happig. Der Preis lässt sich zum einen davon ableiten, dass laut Stjepan viele Zutaten aus Japan geliefert werden, die es dort in einer besseren Qualität gibt. Zum anderen ist es kein schnelles Vergnügen auf die Hand, sondern du sitzt im Tenzan Lab an der Bar, die wie in einem japanischen Teehaus konzipiert wurde und jedes Eis wird, sobald du es bestellt hast, von Hand für dich gefertigt – ein bisschen Geduld muss man daher auch mitbringen.
„Wir planen in Zukunft auch Taiyaki (japanische Waffel in Fischform) und japanische Tee-Zeremonien im Tenzan Lab anzubieten“, sagt uns Stjepan abschließend. Obwohl sich der Laden noch im Soft-Opening befindet, kommen bei unserem Besuch viele Neugierige vorbei, darunter auch einige japanische Gäste, die nun ihre liebste Sommerabkühlung auch in Berlin finden.
FYI: Es gibt die Möglichkeit eine Kinder-Portion Kakigōri zu bestellen für 3,50 Euro. Der angebotene Tee wird mit Wasser zubereitet, das extra mit einer Reinigungsapparatur (auch aus Japan) gefiltert wurde, um den japanischen Ansprüchen zu genügen.