Wo heute das Hotel Telegraphenamt zu finden ist, war vor über 100 Jahren noch das Zentrum des Funkverkehrs in Deutschland. Damals galt das stilvolle Gebäude als der teuerste Postbau des deutschen Kaiserreichs mit modernster Technik, mittlerweile beherbergt es 97 einzigartige Zimmer, Maisonetten und Suiten, ein Restaurant, ein Café, eine Bar und Eventflächen. Bald folgen ein eigener Fitnessclub samt Wellnessbereich und sogar ein Herrenfriseur! So viel zu dem stattlichen Hotel, wir widmen uns hier nun aber dem dazugehörigen Restaurant Root. Hinter dem Konzept steht Gastro-Größe und Borchardt-Betreiber Roland Mary. Das Borchardt gilt ja als die Anlaufstelle für Promis und solche, die gerne welche sehen möchten. Promi-Spotting funktioniert im Root mindestens genauso gut wie im Borchardt – und das inmitten eines wirklich beindruckenden Interieurs. Ein Place-to-be nicht nur für die Reichen und Schönen, die Szenigen und Kreativen.
Das Restaurant hat im Innenhof – unter einer großen Glaskuppel – einen ganz besonderen Platz gefunden. Oben am gläsernen Himmel hängen dutzende Kugellampen, die trotz spektakulärer Höhe der ganzen Location viel Wärme verleihen. Zum wohligen Effekt tragen auch die Pflanzeninseln, die gepolsterten Sitzecken und die floralen Deko-Elemente bei. Die klassischen Backsteinwände, die weißen Tischdecken und die surreal wirkenden Kunstwerke wie ein riesiger Krake an der Wand bilden eine perfekte Symbiose zwischen Zeitgeist, altem Charme und individuellem Touch.
Kulinarisch legt sich das Root auf keine Länderküche fest, sondern bietet vielmehr einen Querschnitt durch internationale Cuisines, die ein modernes, kosmopolitisches Publikum ansprechen. Das klingt zwar etwas überambitioniert, gelingt dem Küchenteam in der Praxis jedoch erstaunlich lässig – so ist hier tatsächlich ein Melting Pot verschiedener Esskulturen entstanden. Wer Bock auf Fusion hat, wird hier bedient! Darauf stoßen wir erst mal an: Und zwar mit einem IGO-Martini mit Sake, Citadelle und Bitters (15 Euro) sowie dem Autumn Leaves mit Pisco, Drambuie, Campari und Limette (12 Euro).
Schon bei einem kurzen Blick in Speisekarte sticht die große Sushi-Auswahl ins Auge. Die erfahrenen Meister des Hauses kredenzen bunte Sushi-Platten, die einladender kaum sein könnten. Wir folgen der Empfehlung des Küchenchefs und wählen Signature Ura Maki, Nigiri und Sashimi (20 Stück für 60 Euro). Der perfekte Start in den Abend: leicht, frisch und handwerklich on point! Weiter geht’s: Wir bleiben in Asien mit einem Thai Beef Salat, der mit dem zarten US-Beef, dem knackigen Gemüse und dem leicht-scharfem Thai Dressing (24 Euro) unseren Geschmacksknospen weiter einheizt. Als Hauptgang teilen wir uns das wunderbar cremige, gelbe Curry mit einem knusprig gebratenen Wolfsbarsch, frischem Gemüse, Reis und der klassisch-französischen Buttersauce Beurre blanc (26 Euro): Ein Best-of-Fusion!
Ob Yakitori-Spieße, Baby Calamari, Ceviche, Papaya-Salat oder fermentierter Kohl in Tempura: Das Roots bietet auch Kleinigkeiten zum Teilen an. Weitere Fleisch- und Fischgerichte – teils vom Grill – stehen zur Auswahl: Vom Wagyu geschmort mit Sellerie, Karotte und Trüffel (28 Euro) bis zum Ribeye-Steak Galloway aus Deutschland (300 g für 42 Euro). Doch nun zum krönenden Abschluss: Als Dessert wird uns bitter-süße Madagaskar-Schokolade aufgetischt, die durch Zitrus, Vogelbeere und Bergamotte (12 Euro) eine herrlich fruchtige Note erhält. Satt und glücklich rollen wir dann nach Hause. Wer noch nicht nach Hause will, setzt sich bis spät an die Bar, denn dort ist immer etwas los. Der einstige kommunikative Knotenpunkt Berlins ist eben auch noch nach 100 Jahren ein Ort für Austausch und Inspiration: ob für neugierige Hauptstädter oder Berlin-Besucher*innen. Übrigens: Auch den Gang zur Toilette solltest du dir nicht entgehen lassen, denn im Keller finden sich noch dekorative Reste der alten Rohrpostanlage.